Das Leben ist keine Generalprobe

Wir, die HEP/O, besuchten im Mai 2011 das Hospiz in Wetten. Das für uns bis dahin noch recht theoretische Thema „Pflege und Begleitung am Lebensende“ aus dem Fach Pflege/Gesundheit, weckte verschiedenste Emotionen in uns. Angefangen von Unsicherheit, Nervosität bis hin zu Anspannung und Neugier. Jedoch verflog jegliche Anspannung schlagartig durch den herzlichen Empfang der Einrichtungsleiterin Schwester Birgit Brünken. Sympathisch, offen und mit viel Enthusiasmus erzählte sie uns von der Arbeit in diesem Hospiz.

Sie erklärte uns, dass die Einrichtung besonderen Wert auf die Erfüllung individueller Bedürfnisse, Interessen und letzter Wünsche legt. Oberstes Ziel ist es hier, die Lebensqualität so lange wie möglich zu erhalten und bestenfalls durch gezielte Schmerztherapie im Rahmen einer palliativen (= „ummantelnden“) Pflege zu verbessern. In der Palliativpflege geht es immer um den ganzen Menschen mit seinen körperlichen, seelischen und spirituellen Bedürfnissen, um die sich neben den Pflegenden auch die ins Haus kommenden Ärzte, Seelsorger und auch viele Ehrenamtliche kümmern.

Im Hospiz steht immer der einzelne Mensch im Vordergrund, so verwirklichte die Einrichtung bereits verschiedenste Wünsche: Bettlägerige wurden auf Wunsch mit ihrem Bett in den Schnee geschoben; Weihnachten wurde um einen Monat vorverlegt, damit der Gast, dessen Tod nahe bevorstand, noch einmal Weihnachten feiern konnte; eine Matratze wurde in den Bulli gelegt, damit ein Gast so noch einmal an die Nordsee reisen konnte; eine Hochzeit im Garten des Hospizes wurde von einem auf den anderen Tag organisiert und es wurde sogar – mit Hilfe eines Charterfluges – der Besuch der in den Wehen liegenden Tochter eines Gastes im Ausland ermöglicht. Auch kleinere Wünsche, wie das Besorgen eines Laptops oder das Bier am Abend, werden erfüllt.

Der Besuch des Hospizes, und die Leistungen die dort täglich erbracht werden, haben uns alle sehr beeindruckt. Die Art und Weise, in der hier mit dem Tod umgegangen wird, hat uns gezeigt, dass das Leben keine Generalprobe ist, sondern einmalig und dass letztlich nicht die Menge, sondern die Qualität der gelebten Tage zählt.

Text: Anne Kastner/Katharina Stört (HEP/O)
Fotos: Andreas Mäteling


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