Lasst euch nichts vormachen, der Klimawandel kommt!

Infos aus erster Hand gab es für einige Klassen vom Wissenschaftler Dr. Ben Marzeion. Völlig unvorbereitet war man ja nicht, trotzdem weckte die Bezeichnung „Glaziologe“ höchstens Assoziationen an eine fehlende Haarpracht. Doch das traf bei Dr. Ben Marzeion von der Fakultät für Geo- und Atmosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck nicht zu. „Glaziologie bedeutet Gletscherkunde“, erklärte er dann auch schnell und räumte ebenso unmissverständlich mit einigen Vorurteilen auf.

Am Montag, dem 16. Februar, kam er in unser Berufskolleg und hielt für die Vorbereitungsgruppe der letzten Podiumdiskussion „Prima Klima? Die Erde im Schwitzkasten!“ und die beiden Bio-Leistungskurse der AH 12 jeweils einen mehr als informativen Vortrag über seine Arbeit und belegte mit Studien, wie es unserem Planeten wirklich geht. In Geldern aufgewachsen, machte er sein Abitur am Friedrich-Spee-Gymnasium und kam dann im Rahmen seines Physik- und Ozeanographie-Studiums weit herum: Indien, Neuseeland, Amerika, Norwegen etc. (Bilder seiner Reisen hat Marzeion auf seiner Homepage unter http://www.marzeion.com veröffentlicht).

Alles andere als langweilig waren dann auch die nur auf den ersten Blick etwas komplexen Statistiken, mit denen er seine Ausführungen belegte, denn eines stellte er gleich klar: „Der Klimawandel kommt und alles, was wir jetzt tun, wird in den nächsten 50 Jahren nichts verhindern“. Unverständnis ernteten bei ihm angebliche Wissenschaftler, die das immer noch bestreiten. Und das Argument, „Ihr könnt ja noch nicht einmal ’ne vernünftige Wettervorhersage machen und jetzt erzählt ihr mir, dass ihr wisst, was in den nächsten 100 Jahren passieren wird?“, konnte er mit einer Würfel-Analogie entkräften: „Das Wetter kann ich ungefähr so genau vorhersagen wie ich vorhersagen kann, ob ich eine Sechs oder eine Eins würfele. Es ist abhängig von vielen Faktoren wie der Oberflächenbeschaffenheit und der Wurfgeschwindigkeit. Die Klimavorhersage ist um vieles einfacher zu treffen, da sie den Mittelwert vorhersagt. Klimawandel ist also so, als wenn ich die Kanten am Würfel zur Sechs hin abfeile. Jetzt ist ganz klar, dass die Sechs öfter fallen wird als die Eins.“

Und dann ging es rein in die Welt der unbestechlichen Zahlen. Dabei stellte Marzeion immer die beste anzunehmende Situation und das Worst-Case-Szenario gegenüber, betonte dabei jedoch, dass wir selbst die schlechtesten Schätzungen im CO2-Ausstoß übertroffen haben. Mindestens um 4 Grad Celsius würden die Temperaturen in den nächsten 90 Jahren ansteigen, und der Meeresspiegel würde sich um 100 cm erhöhen. Das könne man auch nicht wegreden, weil die Ursachen schon hinreichend erforscht worden seien: Allein die Ozeane hätten jetzt schon 20mal so viel wie die Atmosphäre von der weltweiten Hitze aufgenommen, und die Auswirkungen dieser extremen Erwärmung zeigten sich erst sehr langsam. Darüber hinaus ließen die Schnee- und Eisschmelze auf Grönland, in der Antarktis und bei einigen Gletschern die Wissenschaftler zu diesen relativ sicheren Schätzungen kommen. Unsicher seien nur Sturmfluten und Änderungen in der Ozeandynamik (z.B. der Ausfall des Golfstroms) vorherzusagen.

Dr. Marzeion stellte auch klar, dass sich seine Arbeit nur mit einem Teil der Klimaveränderungen beschäftige. Andere wichtige Faktoren wie das Abholzen der Regenwälder und die fortschreitende Globalisierung seien nicht berücksichtigt. Nüchtern stellte er fest: „Wir können uns sicher anpassen und die Deiche höher bauen. Aber in anderen Teilen der Welt ist das Geld vielleicht nicht dafür da und von zahlreichen Arten müssen wir uns auf jeden Fall verabschieden.“

Text: Anna Greshake (AH/13S2)


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