Vis-à-vis mit Königin Beatrix

Es war ein Tag, wie viele andere zuvor. Die Sonne lachte über Eindhoven. Beim Frühstück ahnte noch niemand der deutschen, italienischen und ungarischen Schüler, die an dem internationalen Schüleraustausch mit dem Christiaan-Huygens-College in Eindhoven teilnahmen, dass wenige Stunden später auch ein für Niederländer großes Ereignis bevorstand: die Begegnung mit Königin Beatrix der Niederlande.

Schon das Morgenprogramm für die rund 70 ausländischen Gastschüler war attraktiv: Kanufahren auf der Dommel, Besichtigung des großen Phillips-Werkes und eine Führung durch das Fußballstadion vom PSV Eindhoven incl. einmal Probeliegen auf der Physiotherapiebank, auf der schon Ronaldo, van Nistelrooy und Romario ihre Muskeln haben durchkneten lassen.

Des Nachmittags wimmelte es in der City dann von Schülern, die an ihrem letzten Tag shoppen waren. Doch irgendwie war es anders als Tage zuvor: An der Katharinenkirche wurden Sperrgitter aufgebaut, Polizisten zu Fahrrad (wie auch sonst) und zu Pferde patrouillierten und natürlich jede Menge Schutzmänner mit Walky-Talkys lief umher.

Aus dem Gerücht wurde schnell Gewissheit: Aus Anlass des 50jährigen Bestehens der Technischen Universität gab sich die Königin die Ehre. Mit welchem Auto würde sie vorfahren, welches Geschmeide würde sie an ihrem Körper tragen? Bald würde man es wissen!

Dann ging ein leises Raunen durch die Reihen, die ersten Menschen fingen an zu klatschen. Polizisten auf Motorrädern rauschten vor der Kirche vor, gefolgt von drei dunklen Fahrzeugen, in dessen erstem die Königin saß, freundlich lächelnd und den Menschen zuwinkend. Wer nun aber eine britische oder deutsche Luxuslimousine erwartet hatte, der sollte sich verwundert die Augen reiben. Die Königin saß in einem Ford Scorpio.

Nach dem Besuch der Katharinenkirche folgte dann Beatrix Gang durch die City, gefolgt von rund 150 Professoren in ihren langen Talaren. Hier hatte man also ausreichend Gelegenheit die Königin aus nächster Nähe zu sehen: gekleidet in warmen Brauntönen „Ton in Ton“, das Haar perfekt sitzend unter einem großen, mit kleinem Federschmuck verzierten Hut, insbesondere die Augen stärker geschminkt (um die herum sich doch vermehrt Altersfalten bilden), ein dickes Goldarmband am rechten Arm und an der Stelle des Eheringes einen mit einem großen, mehrkarätigen Diamanten versehenen Ring.

Für die Menschen am Straßenrand war es ein Erlebnis. Wann steht man schließlich schon einmal nur zwei Meter einer wahrhaftigen Königin gegenüber? Und unsere niederländischen Gäste freuten sich mit uns: Einhelliger Kommentar derjenigen, die nicht dabei waren: „Wir haben noch nie unsere eigene Königin gesehen!“

Text und Fotos: Ewald Hülk


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