
Demokratiebildung in der Praxis
In einem großen Projekt organisierten Schülerinnen und Schüler der Liebfrauenschule eine Podiumsdiskussion mit Bundestagskandidaten aus dem Kreis Kleve. In die Diskussion flossen auch die Ergebnisse der zuvor durchgeführten Juniorwahl ein.
Hanna Fischer und Nele Lanz fiel ein Stein vom Herzen. Zusammen hatten die beiden angehenden Abiturientinnen der Liebfrauenschule drei Tage vor der Bundestagswahl die zweieinhalbstündige Podiumsdiskussion mit den Kreis Klever Bundestagskandidaten moderiert. „Es hat wirklich gut geklappt, obwohl es insbesondere beim Thema Außenpolitik kontrovers und auch sehr laut zuging“, meinten die beiden unisono nach der Veranstaltung in der voll besetzten Aula. Dem stimmten die Kandidaten von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, der Linken und dem BSW zu. Alle waren von der gehaltvollen Veranstaltung angetan. „Gerne hätten wir auch dem eingeladenen AfD-Kandidaten Parolie geboten,“ so Hanna Fischer, „aber der hatte am Tag zuvor krankheitsbedingt leider abgesagt!“
Dass Hanna und Nele die Moderation übernahmen, kam nicht von ungefähr. Nele Lanz: „Wir mussten uns bei einem Casting gegen andere auch gute Bewerberinnen durchsetzen.“ Ein derartiges Moderatoren-Casting gehört schon seit langem zur Vorbereitung der Podiumsdiskussionen, die im Berufskolleg des Bistums Münster eine lange Tradition und einen hohen Stellenwert haben.
Die Vorbereitung lag jedoch nicht nur auf den Schultern der beiden Schülerinnen. Nele Lanz: „Wir konnten uns auf viele engagierte Schüler verlassen, die uns nicht nur inhaltlich voll unterstützt haben.“ Nach den Weihnachtsferien hatte sich ein 40-köpfiges Schülerteam zusammengesetzt, um außerhalb des Unterrichts die Veranstaltung inhaltlich vorzubereiten. Themen wie Migration, Außen- und Sicherheitspolitik, Wirtschaft und Soziales und Klimapolitik wurden da in kleinen Teams erarbeitet. Wahlprogramme wurden studiert, bis dato unbekannte Fachbegriffe wie Emissionshandel erarbeitet und für die Diskussionsrunde verständlich aufbereitet – ebenso wie fremde Sachverhalte wie die konkreten Inhalte des so genannten „Heizungsgesetzes“ oder das Selbstbestimmungsrecht im Hinblick auf Geschlecht und Vornamen.
Zahlreiche Grafiken und Übersichten entstanden so, die in gezielte Fragestellungen an die Kandidaten mündeten. „Uns war dabei ein informativer, motivierender Einstieg in jeden Themenbereich besonders wichtig“, ergänzt Hanna Fischer. Bestes Beispiel: ein eigens geschriebener Poetry-Slam zum Klimawandel, den Lena Krebber und Chiara Daamen aus dem Beruflichen Gymnasium einfühlsam vortrugen.
Mit großer Spannung wurde auch die Verkündung des Wahlergebnisses der Juniorwahl erwartet. 78,9% der Schüler hatten zehn Tage zuvor, mit offizieller Wahlbenachrichtigung und Ausweis ausgestattet, ihre Erst- und Zweitstimme im Wahllokal Liebfrauenschule abgegeben. Das schulinterne Ergebnis verwunderte nicht wenige: Mit 33,4 % der Stimmen lag Die Linke bei den Zweitstimmen vor der CDU mit 18,9%. Nur auf dem 5. Platz landete die AfD mit lediglich 7,3% der abgegebenen Stimmen.
„Uns ist wichtig, unseren Schülerinnen und Schülern vor der Wahl wichtige Entscheidungshilfen zu geben“, resümierte Guido Niermann nach der Veranstaltung, die auch alle Klassen, die nicht in der Aula Platz fanden, über einen Live-Stream im Klassenraum verfolgen konnten. „Gerade durch die konkrete kritische Auseinandersetzung mit Vertretern der Parteien vor Ort“, so der Schulleiter, „leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Demokratie-Bildung junger Menschen!“
Text und Fotos: Ewald Hülk