Faire Kleidung – ein großes Thema

Wie Wegwerf-Mode unseren Planeten ruiniert!
Als FairTrade-Schule nahmen wir am Vortrag des Buchautors Frank Hermann teil.

Zuerst einmal ging es jedem so ein wenig an die „Wäsche“. Frank Hermann, ausgewiesener Experte im Bereich des fairen Handels, der rund 20 Jahre in Lateinamerika gelebt und gearbeitet hatte, forderte bei seinem Vortrag über „Ultra Fast Fashion“ jeden auf, einmal in die Jacke oder den Pulli zu schauen, um zu erfahren, woher das Kleidungsstück denn kommt, was er gerade trägt. China, Kambodscha, Bangladesch und Portugal wurden da genannt.

Auch die rund 90 Schülerinnen und Schüler unserer Liebfrauenschule, die an dem Vortrag in der Aula des Lise-Meitner-Gymnasiums teilnahmen, hatten schon geahnt, dass in Asien viel produziert wird. Aber neu für sie war dann doch vieles. Frank Hermann: „50.000 km legt eine Jeans zurück, bis sie fertig ist!“ Wie aber ist das möglich? „Es sind“, so Hermann, „die irre langen Transportwege, die nötig sind.“ Was viele nicht wussten: Ein Kleidungsstück wird nicht an einem Ort komplett produziert, sondern in verschiedenen Ländern – Nähen, Färben, Knöpfe oder Reißverschlüsse annähen wird da gemacht, wo es technisch möglich und am billigsten ist.

Stichwort „Billiger Lohn“. Auch hier konnte der Experte mit interessanten Infos aufwarten. Während in Deutschland der Mindestlohn mit 12,45 Euro hoch ist, kann in Bulgarien bei 2,85 Euro deutlich günstiger produziert werden – geschweige denn in Bangladesch mit 65 Cent. Dort beträgt der durchschnittliche Monatslohn nur 104 Euro, aber oft alleine 50 Euro müssen schon für das Zimmer, in dem acht Menschen manchmal leben, bezahlt werden. Daran, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen dort katastrophal und menschenverachtend sind, ließ Frank Hermann keinen Zweifel aufkommen.

Deutlich prangerte er den Online-Handel an. Alleine in Deutschland gingen 2021 530 Mio. Pakete wieder zum Absender zurück, davon alleine 83% Kleidungsstücke. 17 Mio. Retouren würden dann sogar entsorgt, weil dieses günstiger sei, als die Gegenstände auszupacken und neu versandfertig zu machen. 795.000 Tonnen CO2 würden alleine deshalb ausgestoßen.

Deutlich kritisierte der Referent den Anbieter Shein, der seine Ware nur über Social Media, gepowert von Influencern, vertreibt. Bis zu 6000 neue Produkte würden von dem asiatischen Konzern pro Woche neu auf dem Markt angeboten, ausnahmslos aber alles minderwertige Ware, die unter ausbeuterischen Arbeitsbedingungen produziert würde. Mehr noch. Frank Hermann: „Sie enthalten in der Regel giftige Materialien, die rein künstlich produziert werden!“ Hermann empfahl in diesem Zusammenhang Produkte aus Biobaumwolle, Hanf oder Leinen, die mitunter von neuen StartUps angeboten würden.

Ein Vergleich ließ dann besonders aufhorchen: Eine Million Tonnen Kleidung würden pro Jahr in Deutschland entsorgt. 42.000 LKW könnten damit beladen werden. Würden sich diese hintereinander anordnen, ginge die Schlange von Flensburg bis nach Innsbruck.

Spätestens da war jedem wohl klar, dass ein verantwortungsbewusster Umgang mit Kleidung ratsam sei – der Umwelt und den Menschen, die diese produzieren, zu Liebe. Frank Hermann hatte natürlich viele Empfehlungen parat, die vom maßvollen, bewusst „fairen“ Einkauf über das Reparieren von Kleidung bis hin zu sinnvollem „Entsorgen“ gingen: „Warum nicht einmal Dinge auf Tauschbörsen weitergeben?“ lautete ein Vorschlag. Natürlich sei, so Hermann, auch die Politik gefordert, die geeignete Rahmenbedingungen (z.B. über Zollbestimmungen) herstellen müsse.

Der Applaus für die engagierten Ausführungen von Frank Hermann, der auch einschlägige Bücher zum fairen Handel verfasst hatte, war lang, regten sie doch eindringlich zum Nachdenken an. Der Referent war auf Einladung der Steuerungsgruppe FairTrade-Stadt Geldern, des Weltladens und der Volkshochschule Gelderland zu Gast. Rund 600 Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen nahmen an der Veranstaltung teil.

Text und Fotos: Ewald Hülk


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