Stammzellforschung: Was spricht dafür, was dagegen?
Nur Zellhaufen oder ein Individuum?
In der Liebfrauenschule ging es gestern um ein schlagzeilenträchtiges Thema, die Stammzellforschung im Fokus der Bioethik. So war die Aula voll bei dieser neuen Folge der Reihe „Schüler diskutieren mit Experten.
Zur Diskussion kam es aber erst im zweiten Teil der gut zwei Stunden. Zunächst referierten die drei Gäste und repräsentierten dabei die Anfang des Jahres im Vorfeld der Bundestagsdebatte deutlich gewordenen Pole. Darf man alles machen, was man machen kann? Das war die grundlegende Frage.
Was wissenschaftlicher Stand der Dinge ist, erläuterte Prof. Dr. Otmar Wiestler. Der Direktor des Institus für Neuropathologie der Universität Bonn hatte mit seiner Forschungsgruppe den Antrag auf Forschung mit embryonalen Stammzellen gestellt und damit die bundesweite Diskussion entfacht. Das Ziel beim zentralen Nervensystem sei, den Zelltod zu verhindern oder abgestorbene Zellen zu erneuern. Dabei konzentriere man sich momentan auf erwachsene Stammzellen. Letztere würden am fünften Tag nach der Befruchtung und noch vor der Einnistung in die Gebärmutter entnommen. Wiestler sprach von „sehr eindrucksvollen Befunden“ bei Tieren, denen Stammzellen transplantiert wurden. Vieles sei heute aber noch unabsehbar. Vor dem Einsatz menschlicher embryonaler Stammzellen in der Humanmedizin müsse noch viel geklärt und erforscht werden.
Tod des Embryos
In die ethische Perspektive ordnete dr. Werner Bickel die Stammzellenfoschung ein. „Es herrscht Konsens unter den Ethikern, dass eine befruchtete menschliche Eizelle nicht ein beliebiger Zellhaufen ist, sondern von Anfang an individuelles Leben“, betonte der Moraltheologe und Naturwissenschaftler. Strittig sei nur, wie ausgeprägt der Schutz sein soll. Die Gewinnung einer embryonalen Stammzelle sei der Tod des Embryos. Die Würde des Menschen bedeute auch, so Bickel, dass kein Mensch instrumentalisierbar sein dürfe. CDU-Landtagsabgeordnete Ursula Monheim, zugleich Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und im Bundesvorstand von Donum Vitae, sprach über die Rolle der Politik. „Sie muss entscheiden zwischen Menschenwürde und Forschungsfreiheit.“ Sie verwies darauf, wie sehr bei der Atomenergie Konsequenz gesellschaftlichen Prozess zu begleiten.“ Die Positionen blieben, erwartungsgemäß unvereinbar. Bickel kritisierte wiederholt eine den Embryotod verbrämende Wortwahl. Wiestler beklagte eine „gewisse Schieflage“: Viele, die vehement gegen den Stammzellen-Import seien, blieben erstaunlich ruhig beim Schwangerschaftsabbruch.