Wenn Kinder trauern…

Vortrag in der FSPU von Sarah Langhof aus dem Kinderhospiz Regenbogenland

„Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben geben“, dies ist das Ziel des Kinderhospizes Regenbogenland in Düsseldorf, wonach die Mitarbeiter in diesem Haus ihre Arbeit ausrichten. Am Mittwoch, dem 17.06.2011, besuchte uns Sarah Langhof, eine Sozialpädagogin des Kinderhospizes. Mit ihrem Einblick in ihre Arbeit und durch ihren Bericht konnte sie unsere Hemmungen und Ängste im Zusammenhang mit dem sensiblen Thema ein Stück weit reduzieren und uns viele gute Impulse für unsere eigene Arbeit mit trauernden Kindern geben. Im Unterricht hatten wir uns, die Studierenden aus der FSP/U mit Frau Kolbecher und Herrn Mäteling schon etwas intensiver mit dem Thema „Trauerbegleitung“ auseinandergesetzt, jedoch hatten die meisten von uns noch nicht die Möglichkeit, tiefere Einblicke in das Themengebiet zu bekommen, wie es sich in der Praxis zeigt.

So freuten wir uns auf den informativen Vortrag, standen ihm aber zugleich auch mit etwas Skepsis, und die eine oder andere bestimmt auch mit Ängsten, gegenüber. Schließlich stellt das Thema „Tod“ einen schwierigen Aspekt in der Arbeit mit Kindern dar, weil es viel Emotionalität hervorruft, und sicherlich auch in unserem eigenen Leben mit Unbehagen und Angst behaftet ist. Es ist ein Thema, dem sich keiner so richtig stellen möchte, lieber „kehrt“ man es bekanntlich in eine dunkle Ecke.

Aber genau dies sollte in der Praxis anders aussehen, da es auch im Erzieheralltag immer wieder dazu kommt, dass Kinder mit Trauer, z.B. infolge von Trennungen oder im schlimmsten Falle mit dem Tod eines Verwandten oder Freundes konfrontiert werden. In diesen Zeiten brauchen sie die Unterstützung und Begleitung von Bezugspersonen, die sich ihnen nähern, Gesprächspartner sind, und vor allem diesem Thema nicht ausweichen.

In Bezug darauf konnte uns Frau Langhof ein großes Vorbild sein, da sie stellvertretend für die Mitarbeiter im Kinderhospiz Regenbogenland steht und diese dem Thema nicht ausweichen. Sie nehmen Geschehnisse so an, wie sie kommen, und versuchen dennoch immer das Positive für die Kinder in den Vordergrund zu stellen. Dadurch gelingt es ihnen immer wieder den Kindern trotz ihrer oftmals schweren Erkrankungen ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern und auch den betroffenen Geschwistern und Eltern unterstützend und stärkend zur Seite zu stehen.

Mithilfe einer Powerpoint-Präsentation stellte uns Frau Langhof die Räumlichkeiten der Einrichtung vor und gab uns so einen tiefen Einblick in das Leben in diesem Haus. Zu den einzelnen Bildern, die uns gezeigt wurden, erzählte sie etwas, das damit in Verbindung steht, und man merkte ihr ihre Freude an diesem Beruf an. Aufgrund ihrer souveränen und offenen Art dem doch so schwierigen Thema gegenüber verflogen die letzten Zweifel, und sie gab uns das Gefühl „mittendrin“ zu sein.

Zu Anfang erzählte sie uns, dass sich die Arbeit in einem Kinderhospiz sehr von der Arbeit in einem „normalen“ Hospiz unterscheidet. So besteht die Arbeit des „Regenbogenlandes“ darin, der ganzen Familie Hilfe und Unterstützung auf dem Weg zu sein, und sich bestmöglich deren Bedürfnissen und Wünschen anzupassen.

„Miteinander-Momente“ entstehen, da nicht nur das erkrankte Kind, sondern auch Eltern und Geschwister in der Einrichtung untergebracht werden, und so gemeinsame Zeit erleben können. Familiennachmittage, gemeinsame Ausflüge, sowie auch spezielle Angebote für Geschwisterkinder sind nur ein Teil der Aktivitäten, die Lebendigkeit ins Haus bringen und so Sorgen und Probleme für eine bestimmte Zeit verschwinden lassen. Das Kinderhospiz unterscheidet sich zudem von anderen, da hier nicht nur die Kinder betreut werden, die kurz vorm Sterben sind, sondern auch solche, die über einen kurzen Zeitraum aufgrund ihrer schweren Erkrankung eine „Auszeit“ benötigen. Dieses Angebot kommt den Eltern zugute, da sie so die Möglichkeit haben, wieder Zeit für ihre Partnerschaft zu finden, und ihre pflegerische Verantwortung zeitlich begrenzt an eine Fachkraft übergeben können.

Im Kinderhospiz Regenbogenland wird somit eine umfassende Familienarbeit geleistet, die sich auch atmosphärisch in den hell und freundlich gestalteten Räumlichkeiten widerspiegelt. Das Kinderhospiz lässt ein Gefühl von Geborgenheit und Harmonie entstehen und erleichtert den Kindern so den Umgang mit dem Alltag.
Bedeutend für die dortige Arbeit ist außerdem, dass die Mitarbeiter stets ihr Bestes geben um die Wünsche und Bedürfnisse eines jeden Kindes zu berücksichtigen. So erzählte uns Sarah Langhof, dass sich ein Junge von November bis Januar jeden Tag einen Pfannkuchen zum Mittagessen gewünscht hat, den er dann auch täglich bekam. Genauso wie ein 14-jähriges Mädchen, dass sich so sehr wünschte, Ohrringe zu tragen, aber durch ihre Gebundenheit an den Rollstuhl nie die Möglichkeit zu einem Juwelierbesuch hatte. Es dauerte so etwas länger bis sich ein Juwelier ins Kinderhospiz anmeldete, der sogar sein komplettes Sortiment aus dem Geschäft mitbrachte. Wieder einmal war so ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen.

Während uns Sarah Langhof diese und andere Erlebnisse mitteilte, bemerkte man ihre Freude an der Arbeit und zugleich die hohe Emotionalität, die mit diesem Thema verbunden ist. Sie sagte uns, dass man im Kinderhospiz so intensive Momente mit den Kindern teilt, die die Arbeit schwer machen, aber zugleich auch überaus bereichernd für das eigene Leben sind.

Dass es auch für sie schwierige Momente gibt, erzählte sie uns auf die Nachfrage hin, wie man es denn schafft, solche Erlebnisse zu verarbeiten. Sie erklärte uns, dass man in diese Arbeit erst langsam hineinwachsen muss, und jeder früher oder später sein eigenes Ritual entwickelt, um z.B. über den Tod eines Kindes hinweg zu kommen. Hierbei ist es ihr immer wichtig, Freunde darüber zu informieren, was bei ihrer Arbeit vorgefallen ist, damit sie den passenden Umgang mit ihr finden.

Insgesamt zeigte der Vortrag ein weiteres Mal, wie wichtig allgemein Rituale in der Trauerarbeit sind. Gleiches gilt auch für unsere Arbeit mit Kindern im Kindergarten oder auch im Heim, was wir in der folgenden Unterrichtsstunde noch näher beleuchten werden.

Letztlich ist noch zu sagen, dass sich die Arbeit im Kinderhospiz Regenbogenland nur durch Spenden von Firmen oder Einzelpersonen finanziert und sie demnach auf dieses Geld angewiesen ist. Mittlerweile gibt es sogar viele Prominente wie z.B. Sandy Mölling von den No-Angels oder Peter Maffay, die sich für das „Regenbogenland“ engagieren und eine Patenschaft übernommen haben. Highlight des letzten Jahres war an dieser Stelle sicherlich die Einladung von Peter Maffay auf seine Finca nach Mallorca, der auch zehn Kinder mit Sarah Lanhof dankend gefolgt sind.

So erleben die Kinder immer wieder Augenblicke, an die sie sich gerne zurück erinnern, und die ihnen das Leben so angenehm wie möglich machen, denn „die Erinnerung ist das einzige Paradies aus dem man nicht vertrieben werden kann“.

Insgesamt war der Vortrag von Frau Langhof sehr bereichernd für uns und hat uns sicherlich gezeigt, dass kein Thema wirklich schwierig ist, wenn man nur weiß, wie man damit umgehen kann. Mit dieser Erkenntnis wollen wir uns als angehende Erzieher/innen dem Thema von nun an stellen. Diesen Umgang mit dem Thema versuchte sie auch uns jederzeit zu erleichtern, indem sie uns nach dem Vortrag sehr einfühlsam nach unseren jetzigen Gefühlen fragte und uns schließlich den Tipp gab: „Wenn ihr jetzt gleich nach Hause geht, macht am besten etwas Schönes. Esst ein Eis oder geht shoppen!“

Weitere Infos

Text: Maren Hackstein & Kristina van Meegen
Fotos: Kinderhospiz Regenbogenland


Kommentare

  1. Hotelier sagt:

    Zu diesem Thema, gibt es ein besonderes Buch: „Den Tagen mehr Leben geben“. Es handelt von einem außergewöhnlichen Hospizkoch und seinen sterbenskranken Gästen.

    Im Foyer des Hospizes „Leuchtfeuer“ hängt der Spruch: „Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.“ Ruprecht Schmidt, früher Küchenchef in einem Nobelrestaurant, hat diese Maxime zutiefst verinnerlicht. Er weiß, dass er das Leben der Sterbenden nicht verlängern kann, aber er kann es lebenswerter machen. Der Hospizkoch erfüllt jeden kulinarischen Wunsch und schenkt seinen Gästen nicht nur die Geschmackserlebnisse, sondern auch Erinnerungen an glücklichere Zeiten.

    Der Fernsehjournalistin und Autorin Dörte Schipper ist ein bemerkenswert spannendes und überraschendes Buch gelungen über das Sterben – und das Geheimnis eines erfüllten Lebens. Dem Buch vorausgegangen ist eine Fernsehdokumentation in der ARD (Der Luxuskoch vom Hospiz), für die die Autorin mit dem Erich-Klabunde-Preis ausgezeichnet wurde.

    Dörte Schipper
    DEN TAGEN MEHR LEBEN GEBEN
    Vorwort von Udo Lindenberg
    Bastei Lübbe Verlag – 253 Seiten Hardcover
    ISBN 978-3-7857-2385-2

    „Ich definiere mich als Koch nicht mehr darüber, wie viel gegessen wird, sondern, ob ich die Menschen damit erreiche.“ Früher war er Küchenchef in einem Nobelrestaurant. Heute kocht er im „Leuchtfeuer“, einem Hamburger Hospiz. Die meisten seiner Gäste haben Krebs im Endstadium.

    Für die einen ist der Tod ein Tabu, andere reden pausenlos über das Sterben – mit schwarzem Humor, Ironie, oder abgeklärt und nüchtern. Manche finden Trost in der Religion, manche im Sarkasmus. Begriffe wie Harmonie und Dankbarkeit werden plötzlich wichtig. Zwischenmenschliche „Baustellen“, die schon seit Jahren gären, sollen unbedingt noch schnell bereinigt werden. Es können sich aber auch neue auftun. Verhalten, Wünsche und Gedanken der Menschen verändern sich, je näher der Tag rückt. Wer heute noch Scherze macht, kann morgen unendliche Angst haben, verbittert sein oder umgekehrt. Trotz der extremen Gefühlsschwankungen, zeigt sich bei den Bewohnern eines durchgehend: Auch wer unwiderruflich weiß, seine Tage sind gezählt, kann noch genießen, lachen und Momente des Glücks erleben.

    Lebensbejahend, wie die Atmosphäre im Hospiz, ist auch das Buch. Es erzählt über einen außergewöhnlichen Koch und die Lebensgeschichten seiner Gäste.

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