Kommunikative Deeskalation – was ist denn das?

Agiere fachlich, reagiere menschlich und reflektiere professionell!

Am 28. und 29. Januar 2013 war Herr Stahlhauer in unserer dritten Blockwoche der HEP/B zu Besuch. Er informierte – und trainierte – uns rund um das Thema „Umgang mit herausforderndem Verhalten, auch „Kommunikative Deeskalation“ genannt. Mit Herrn Stahlhauer hatten wir das große Glück, einen Referenten erleben zu dürfen, der selber als Gruppenleiter in einem Wohnheim für Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten (in Rhede) tätig ist und der daher unsere berufliche Praxis hundertprozentig kennt. Er ist außerdem Deeskalationstrainer im Auftrag der ProDeMa®. Die ProDeMa® ist ein Institut für Professionelles Deeskalationsmanagement.

Menschen mit herausfordernden Verhaltensweisen sind uns allen im beruflichen Alltag bereits begegnet, was dieses Thema der „kommunikativen Deeskalation“ für uns so interessant machte. Das große Problem bei Menschen mit herausfordernden Verhaltensweisen ist in erster Linie, dass sie Gefahr laufen, aus der Gemeinschaft ausgegrenzt zu werden. Die Aufgabe eines Heilerziehungspflegers ist es, dies zu verhindern.

Zu Beginn der beiden Tage informierte uns Herr Stahlhauer über das Leitbild der ProDeMa®, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den von herausforderndem Verhalten betroffenen Menschen durch Beratungen und Schulungen professionelle Hilfe anzubieten. Laut Herrn Stahlhauer gehören zur Zielgruppe der Hilfe auf der einen Seite die Menschen mit herausforderndem Verhalten selbst und auf der anderen Seite die davon betroffenen Mitarbeiter in Einrichtungen der Behindertenhilfe. Während die Menschen mit herauforderndem Verhalten das Recht auf geschultes Personal haben, das mit den unvermeidbaren Anspannungszuständen und aggressiven Verhaltensweisen professionell umgehen kann, haben die Mitarbeiter – sprich wir als Heilerziehungspfleger – das nicht weniger schwerwiegende Recht auf einen sicheren Arbeitsplatz. Aus diesem Grunde forderte Herr Stahlhauer regelmäßige Schulungen im optimalen Umgang mit Gefahrensituationen.

Zu dieser Schulung gehörte es für uns, verschiedene Befreiungstechniken zu erlernen, die im Alltag einfach angewendet werden können. Ein Beispiel war der Befreiungsgriff aus einer ungewollten Umarmung. Alle Befreiungsgriffe können das „Opfer“ und den „Angreifer“ nicht verletzen, da das oberste Ziel die Vermeidung von psychischen und physischen Verletzungen jeder Art ist. Aber als viel wichtiger noch stellte Herr Stahlhauer präventive Maßnahmen heraus, die Angriffssituationen verhindern helfen sollen.

Zwecks besserem Verständnis der Zusammenhänge rund um die Entstehung von Aggressionen informierte uns Herr Stahlhauer darüber, dass Aggression immer eine Verhaltensreaktion des Menschen ist, zum Beispiel infolge einer Krankheit oder infolge von Schmerzen. Von Menschen mit Behinderungen und von Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten wird diese oft als Mitteilungsversuch verwendet, da sie anders nicht kommunizieren können. So können viele unserer Bewohner bzw. Klienten Gefühle oder Schmerzen nicht richtig deuten oder äußern. Herr Stahlhauer wies uns eindringlich darauf hin, dass man die Aggressionen nicht negativ bewerten, sondern vielmehr die Signale des Menschen richtig deuten sollte. „Nur wenn man die Aggressionen richtig deutet, kann man den Menschen helfen“, so Herr Stahlhauer.

Um diese Zusammenhänge zu verdeutlichen, führte Herr Stahlhauer uns mehrere unterschiedliche Trainingsvideos aus der Fortbildung für Deeskalationstrainer vor. In diesen Videos wurden Herangehensweisen an aggressive Verhaltensweisen thematisiert, die wir dann im Anschluss reflektierten. Wie wir im Rahmen der Analyse lernten, sollte die Herangehensweise an herausfordernde Verhaltensweisen immer in fünf Schritten geschehen: Als erstes nimmt man Kontakt zum Betroffenen auf, um dann eine Beziehung aufzubauen. Im Anschluss soll man die Ursachen und Beweggründe des Verhaltens konkretisieren. Anschließend kann man auf die Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse des Betroffenen eingehen und letztlich eigene Gefühle zeigen.

Um diese Herangehensweise besser zu verinnerlichen, haben wir am zweiten Tag verschiedene Rollenspiele durchgeführt. In diesen Rollenspielen hat die Deeskalation der Situation nicht immer funktioniert, aber man konnte das Handeln im Anschluss reflektieren und überlegen, was man hätte besser machen können.

Der wichtigste Satz in den zwei Tagen war, dass man eine Situation nur dann richtig deeskalieren kann, wenn man die betroffene Person auch richtig kennt!

Wir bedanken uns bei Herrn Stahlhauer für die beiden sehr interessanten und lehrreichen Tage zum Thema „Kommunikative Deeskalation“, die uns garantiert in unserer täglichen Arbeit hilfreich sein werden! Besonders gut gefallen hat uns auch die Mischung aus theoretischen Anteilen und vielen praktischen Übungen, die das Seminar sehr belebt haben.

Text: Bettina Strucks (HEP/B)
Fotos: Andreas Mäteling


Hinterlasse einen Kommentar