Studienfahrt der SH/O in das „andere“ Europa

Es war eine besondere, ganz andere Klassenfahrt als das, was normalerweise Schüler/innen unseres Berufskollegs unternehmen. Morgens früh um 5 ging es am letzten Mittwoch der Osterferien los: Mit recht viel Gepäck, ganz viel Neugierde und Offenheit, Herrn Heix als Klassenlehrer und seiner Frau als Begleitung sowie einer ganzen Schar von Pressevertretern: Redakteure der Rheinischen Post, der Neuen Rhein-Zeitung, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung sowie ein Pressefotograf und ein professioneller Filmemacher stiegen mit in den Bus ein.

Warum denn nun das? Das Ziel der angehenden Sozialhelfer war das Besondere: Es ging halt nicht nach Berlin, München oder nach Südfrankreich, sondern tief ins Herz von Bosnien.

Bosnien?

Genau! Mehr als zehn Jahre unterstützt die Liebfrauenschule nun schon notleidende Menschen im vom Krieg zerstörten ehemaligen Jugoslawien. Über die guten Kontakte von Herrn Hölz, der für die Caritas Duisburg die Bosnienhilfe leitet, konnte nun diese besondere Studienfahrt durchgeführt werden.

Im folgenden beleuchten wir einige von den vielen Dingen, die die SH/O in diesem vom Krieg heimgesuchten Land erleben durfte. Gräber, so weit das Auge reicht. Direkt neben dem Olympiastadion von Sarajevo befindet sich ein großer Friedhof, gefüllt mit Gebeinen von Opfern des Balkankrieges. Ihr seht einige unserer Schülerinnen der SH/O an einem Denkmal für 71 Soldaten, die genau an dieser Stelle ermordet wurden.

Damit hatten die meisten nicht gerechnet: dass Bosnien ein sehr schönes Land ist, am ehesten noch zu vergleichen mit einem deutschen Mittelgebirge. Bekannteste Stadt ist Sarajevo, die Stadt der olympischen Winterspiele 1984. Doch nur wenige Jahre, nachdem sich dort „die Jugend der Welt“ zum friedlichen sportlichen Wettkampf traf, wurden die Stadt und das Land vom Krieg zerstört. Relikte des Krieges, total zerstörte Häuser, prägen noch heute Sarajevo und Bosnien. Doch Menschen, die in den vergangenen Jahren das Land besuchten, sehen viel Positives. Vieles sei im Aufbruch. Mit großer, auch internationaler Unterstützung sei das Land auf dem Wege, zur Normalität zurückzufinden. Keine Seltenheit sind vom Krieg zerstörte und nicht wieder hergerichtete Häuser.

In Travnik waren die angehenden Sozialhelfer Gäste des katholischen Schulzentrums „Petar Barbaric“. Im Speisesaal kosteten sie die bosnische Küche.

Das war eine Ehre, die nicht jedem zuteil wird! An einem Tag hatten die angehenden Sozialhelfer in Sarajevo eine Privataudienz bei Kardinal Vinko Puljic, dem Vorsitzenden der bosnischen Bischofskonferenz. Dr. Reinhard Lettmann, der Bischof von Münster und Schulträger unseres Berufskollegs, hatte der Gelderner Gruppe extra eine Grußbotschaft mitgegeben. Darin hieß es: „Für das gegenseitige Verständnis unserer Kirche über Ländergrenzen hinweg sind gerade die Begegnungen junger Christen über Schulpartnerschaften eine besondere Chance.“ Kardinal Puljic nahm sich ausreichend Zeit für einen Gedankenaustausch mit der SH/O. Für das Erinnerungsfoto schüttelte er viele Hände.

Sechs Tage wohnten die Schüler/innen aus der SH/O in Travnik im dortigen katholischen Schulzentrum „Petar Barbaric“. Dass in der bosnischen Schule aber vieles anders läuft als in der Heimat, konnten die Schüler schon in allerkürzester Zeit feststellen: Niemand eilt in der Pause hinaus, um sich eine Zigarette zu rauchen oder um mal flott eine SMS zu versenden. In dem dortigen Gymnasium herrschen strenge Sitten. Denn wer beim Rauchen zwei Mal erwischt wird, der wird von der Schule verwiesen. Mitarbeit bei Diensten für die Gemeinschaft sind übrigens auch Pflicht. Unvorstellbar für deutsche Schüler, dass ihre „Kollegen“ in Bosnien beim Holzhacken helfen müssen, damit es in den Klassenzimmern schön warm wird.

Gelegenheit hatte die SH/O auch, um am dortigen Unterricht zu hospitieren. Erste Schritte für eine Schulpartnerschaft wurden also gelegt. Wie diese ausgestaltet wird, muss die Zukunft zeigen. Dass es weitaus schwieriger ist, eine Schulfreundschaft zu einer bosnischen als zum Beispiel zu einer englischen oder niederländischen Schule zu etablieren, steht dabei außer Frage. Für einen Besuch in Deutschland fehlt es den dortigen Familien an Geld. Und auch organisatorische und rechtliche Dinge, z. B. auch bei der Beschaffung zahlreicher Visa für gleich mehrere (Durchgangs-)Länder, erschweren es, den Kontakt zur bosnischen Schule mit Leben zu füllen.

An zahlreichen Stellen hinterließ die SH/O Geld, das an der Liebfrauenschule bei diversen Anlässen zusammengekommen war. Während der Fahrt wurden unter anderem die Suppenküche in Sarajevo, die schon seit vielen Jahren von der LFS Geldspenden erhält, und eine Institution für vom Krieg traumatisierte Frauen unterstützt. Tiefe Dankbarkeit äußerte Frau Knisevic,eine alleinerziehende Mutter von 7 Kindern. Für sie übernahmen die angehenden Sozialhelfer eine Patenschaft. Als „Startkapital“ übergab Herr Heix 100 €, und in Zukunft wird die SH/U monatlich 25 € überweisen. Für bosnische Verhältnisse ist das eine Menge Geld.

Für Maja Brkic hatte die Studienfahrt auch viele emotionale Momente. Als sie das Ortsschild von Tuzla sieht, kullern ihr Tränen über die Wangen. Tuzla, das ist ihre Heimat. Hier wurde sie geboren, hier steht ihr Elternhaus. Vor nunmehr vier Jahren waren Maja und ihre Familie nach Deutschland gezogen. „Ich hätte dort keine Zukunft gehabt!“ sagt Maja Brkic heute. Ihre Verwandten hatten für Maja und ihre Klasse ein Fest organisiert. Es gab leckeres Essen, und dann gab’s jede Menge Musik. Es wurde ordentlich gefeiert.

Insbesondere ältere Menschen sind darauf angewiesen, sich Essen von der Suppenküche in Sarajevo zu holen, die seit Jahren von der Liebfrauenschule unterstützt wird.

Die Offenheit der Menschen, deren Herzlichkeit und Gastfreundschaft werden gewiss in Erinnerung bleiben. „Raum ist in der kleinsten Hütte!“ – Das konnten die Schüler hautnah miterleben. Zitat: „Egal, wie wenig die Menschen haben: Sie geben davon noch was ab!“ Davon könne man sich eine Scheibe abschneiden. Zufrieden sein mit dem, was man hat. Zu verzichten, wenn’s nicht anders gehe und sich auch über Kleinigkeiten freuen. Das sind bleibende Erfahrungen. Und die können ein ganzes Leben prägen.

Wie kann man helfen?

Die Bosnienhilfe ist auch in Zukunft weiterhin auf Geldspenden angewiesen. Wer Fragen zu den einzelnen Projekten hat, der kann sich für weitergehende Informationen an Hubertus Heix wenden.

Kontonummer: 200 104 305
Sparkasse Duisburg
BLZ: 350 500 00

Wichtig: Kennwort „Bosnienhilfe“

Texte: Ewald Hülk
Fotos: Hubertus Heix


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