Ein Ort der Stille

Leiden. Sterben. Tod. In die Lebenswelt von Jugendlichen passt das nur selten. Bei 15 Schülerinnen und Schülern der Fachoberschule für Sozial- und Gesundheitswesen der Liebfrauenschule ist das anders. Ein ganzes Jahr lang wurden sie konfrontiert mit dem Ende des Lebens, mit Menschen, die den Tod vor Augen haben, und mit der Art und Weise, wie sie diese Lebensphase leben. Diesen Menschen waren sie nahe, nicht in der Pflege, aber in dem, was sie taten.

Religionslehrer Andreas Mäteling erzählt: „Sterben, Sterbebegleitung und ein würdevoller Tod sind Themen des Unterrichts.“ Bleibende Spuren hinterließ da der Besuch von Birgit Brünken, der Leiterin des Hospizes in Wetten. Angetan waren die Schüler von dem, was sie aus ihrem Munde hörten, aber angetan war auch Birgit Brünken von den Gestaltungselementen in der Schule. Die Idee eines gemeinsamen Projektes war geboren. Der Raum der Stille im Hospiz, der bisher grau, trist und dunkel wirkte und die Bewohner des Hauses, deren Besucher und die Mitarbeiter wenig zum Besinnen und zum Krafttanken einlud, sollte gestalterisch verändert werden.

Lena Boenigk: „Um die Bedürfnisse zu ermitteln, befragten wir die Bewohner und das Personal!“ Abgesehen von den bis dato grau verputzten Wänden, dem anthrazitfarbenen Schieferboden und einem kleinen Brunnen durfte alles zur Disposition stehen. Mit dem detailliert ausgearbeiteten Gestaltungskonzept stießen die angehenden Fachabiturienten in Wetten dann auf offene Ohren.

Einfühlsam wurde vor allem die Farbauswahl bedacht. Kunstlehrer Marc Baum: „Wir wollten Wärme und Lebendigkeit erzeugen.“ Dezent abgetönte Farben in rot, orange, gelb und braun bestimmen daher die drei Leinwände, die nun die Wände zieren und auf den eintretenden Menschen einladend wirken.

Einen zentralen Platz hat auch ein Kunstobjekt, bestehend aus 16 in Handarbeit gefertigten Holzrahmen, die mit zum Teil vergänglichen Naturmaterialien wie Sand, Steinen, Muscheln und Rinde gefüllt sind und im Ensemble, allerdings nicht aufdringlich, ein Kreuz andeuten. Harmonisch dazu passt das von den Fachabiturienten ausgesuchte und zusammengebaute neue Mobiliar, das zum Verweilen auch in schweren Stunden einlädt, darunter zwei braune Couches, ein Tisch, Pflanzen und Stoffbahnen, die die karge Decke geschmackvoll verhüllen.

Aber auch an viele kleine Details wurde gedacht. Lena Boenigk: „Ein von uns liebevoll aus Fotos gefertigtes Türschild verrät Außenstehenden, ob im Raum jemand für sich alleine die Stille sucht und nicht gestört werden möchte.“

Bis alles fertig gestaltet und aufgebaut war, wurden Besuche im Hospiz für die Schüler zur Normalität. Dabei stand die Kreativität der Jugendlichen nicht nur im Vordergrund, sondern in gleichem Maße die Konfronta
tion mit Leben und Tod. Anne Verhoeven: „Wir haben das Hospiz nicht nur als einen Ort des Sterbens erlebt, sondern als einen Ort des Lebens. Und dieses Leben durften wir ein Stück begleiten und mitgestalten!“

Neben der praktischen Arbeit im Fach Gestaltung gingen die Schüler im Religionsunterricht Fragen nach wie

* „Welche Bedürfnisse haben im Hospiz lebende Menschen?“,

* „Was für Regeln müssen in einem Raum der Stille gelten?“,

* „Wie sind religiöse Symbole auszuwählen für einen Raum, der von unterschiedlich stark gläubigen Menschen aufgesucht wird?“

Bilder/Bericht: Ewald Hülk


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