„Binde deinen Karren an einen Stern.“ (L. da Vinci)

„Binde deinen Karren an einen Stern.“ (L. da Vinci): Expertengespräch der FH11 G1 mit der Leiterin des Adelheid-Hauses zum Thema „Leitbild“

Seit vielen Jahren kooperiert unserer Schule mit dem Caritasverband Geldern-Kevelaer e. V. und seit dem letzten Jahr gibt es darüber hinaus einen besonders intensiven Austausch in einer Arbeitsgruppe, in der sich die sozialen und pädagogischen Einrichtungen aus der Nachbarschaft unserer Schule zusammengeschlossen haben. Eine dieser Einrichtungen ist das Seniorenheim Adelheid-Haus. Da lag es nahe, im Rahmen dieser Zusammenarbeit auch mal die „Nachbarin“ Frau Wolffram, Leiterin des Adelheid-Hauses, als Referentin in den Unterricht einzuladen um so das bislang nur theoretisch Bearbeitete mit der Praxis verzahnen zu können.

Zuvor hatten wir im Unterricht verschiedene Menschenbilder und insbesondere das biblisch-christliche Menschenbild thematisiert, welches die Grundlage des Leitbildes des Caritasverbandes Geldern-Kevelaer bildet, das wir ausführlich analysierten. Vor diesem Hintergrund formulierten wir Fragen zum Thema „Leitbild(entwicklung)“. Frau Wolffram beantwortete bei ihrem Besuch am 20. Januar unsere Fragen und ließ uns an ihren persönlichen (Glaubens-)Überzeugungen und ihrer Begeisterung für die soziale Arbeit teilhaben.

Anfangs begrüßte sie uns freundlich und stellte sich kurz vor, wobei klar wurde, dass sie bereits in verschiedenen sozialen Bereichen gearbeitet hatte und daher über vielfältige Erfahrungen zu unserer Thematik verfügte. „Was ist der Hintergrund Ihres Leitbildes?“ So lautete die erste Frage, die wir Frau Wolffram stellten. Der Vorstand des Caritasverbandes wolle den Einrichtungen und den Menschen dort einen Rahmen geben, war die Antwort. Etwas, woran die Menschen, die dort arbeiten , sich orientieren können. Auch die Frage, was wichtig ist, wenn man mit Menschen mit sehr unterschiedlichen Biographien und in unterschiedlichen Lebenslagen arbeitet, erhält mit dem Leitbild eine einfache Antwort: „Sie alle sind Menschen und vor dem Hintergrund des biblisch-christlichen Menschenbildes, auf dem unser Leitbild basiert, als von Gott so gewollt zu betrachten und gelten als gleich zu behandeln.“

Natürlich sei es aber eine Herausforderung, jeden Menschen den man trifft, sofort zu mögen und das könne man auch gar nicht bedingungslos verlangen, so Frau Wolffram. Sie machte deutlich, dass es dennoch darauf ankomme, jedem Menschen mit Respekt zu begegnen und darüber hinaus, dass das Leitbild dafür eine Art Krücke sei, die einem beim Angehen dieser Herausforderung unterstützend unter die Arme greifen kann. In diesem Zusammenhang schrieb sie ein Zitat von Leonardo da Vinci an die Tafel, das ihrer Meinung nach kurz und bündig auf den Punkt bringt, worum es beim Leitbild geht: „Binde deinen Karren an einen Stern.“ Der Stern sei für sie das Leitbild, der Karren der Alltag, so Frau Wolffram. Schlicht und einleuchtend mache dieser Satz deutlich, was Leitbild eigentlich meint, nämlich den Alltag als kleinen Teil vom großen Ganzen zu sehen.Diese Antwort führte uns zu der Frage, wie praxistauglich und alltagsnah das Leitbild für Frau Wolffram persönlich ist. Hier begegnete sie uns mit einem Bibelvers, der für sie das Zentrale des Leitbilds bündele und uns sehr nachdenklich machte: „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ Diese Frage, die Jesus bei der Heilung an den blinden Bartimäus richtet, sei für sie auch die zentrale Frage im Alltag und fasse das Anliegen des Leitbildes in Kurzform zusammen. Dabei ergänzte sie, dass man ihrer Erfahrung nach sehr viel zurückbekommt.

Natürlich interessierte uns als potenzielle Auszubildende und Bewerber noch mehr, zum Beispiel: Spielt die kirchliche Verbundenheit eine Rolle? Wie will man als Arbeitgeber sicher sein und wie stellt man sicher, dass alle Mitarbeiter nach dem Leitbild handeln? Was passiert, wenn ein Mitarbeiter offensichtlich dagegen verstößt? Hier eine der mehreren Antworten: „Unsere Mitarbeiter geben sich sicher alle erdenkliche Mühen, doch kann man nie zu hundert Prozent sicher gehen.“ Nach vielen Jahren in diesem Beruf aber habe sie ein Gespür und eine Wahrnehmung dafür, in dem sie zum Beispiel ganz bewusst hinhört bzw. hinsieht, wie die Mitarbeiter über die Bewohner oder auch übereinander reden und wie sie dann schließlich mit ihnen und miteinander umgehen.

Ob man diesen Beruf in der Altenpflege ergreifen kann, hängt erstmal nicht in erster Linie von der eigenen religiösen Ausrichtung und Motivation ab, auch wenn dies gerade in von Krankheit und Tod geprägten Zeiten ein Fundament bieten würde, sondern von persönlichen Zielen, Vorstellungen, Träumen und den Gründen weshalb man handelt wie man es tut, so Frau Wolffram. „Wir sind alle bis zum Schluss Lernende“, sagte sie und bezog sich dabei auch selbst ein. Den an sozialen und pflegerischen Berufen Interessierten in unserer Klasse gab sie mit auf den Weg, dass man Professionalität über persönliche Gefühle stellen können müsse und ehrliches Interesse am Leben anderer Menschen aufbringen können sollte.

Abschließend wollten wir noch wissen, ob Frau Wolffram selbst etwas am Leitbild des Hauses zu kritisieren hätte, woraufhin sie einen Moment überlegte und dann zur Antwort gab, dass es wohl von Zeit zu Zeit aufgefrischt werden müsse und zur Stärkung der Identifikation wichtig sei, insbesondere die Mitarbeiter in diesem Prozess zu beteiligten. Bezüglich ihres Berufes selbst machte sie auf uns den Eindruck, vollkommen darin aufzugehen und sagte überzeugt, dass sie den gleichen Weg noch mal einschlagen würde und dass dieser Beruf sehr schön sein kann, wenn man den inneren Willen dazu hat, ihn auszuüben. Darüber hinaus könne man an ihm auch persönlich wachsen. Ebenso kann man als ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Arbeit mit älteren Menschen einen wichtigen Beitrag leisten.

Danke, liebe Frau Wolffram, für den Einblick in die praktische Arbeit mit „Ihrem“ Leitbild!

Text: Lisamarie Schoelen (FH11G1)
Foto: Andreas Mäteling


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