Ebola ist nicht besiegt

Schüler des Beruflichen Gymnasiums und der einjährigen Berufsfachschule informierten sich bei Thomas Laackmann von I.S.A.R. Germany über die Situation in den betroffenen Ländern Westafrikas.

Er muss es wissen: Thomas Laackmann, Medical Director bei der Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany. Auf Einladung des Grundkurses Gesundheitswissenschaft des Beruflichen Gymnasiums der Liebfrauenschule Geldern informierte er knapp 60 Schüler über die Situation in den von Ebola-betroffenen Ländern Westafrikas. „Gestern habe ich noch in Monrovia, der Hauptstadt Liberias, angerufen und mich nach der aktuellen Situation erkundigt!“ berichtete er. Und das war eine seiner Nachrichten: „Die Situation ist immer noch sehr kritisch – anders als man hier in Deutschland vermuten würde!“ Während hierzulande das Thema „Ebola“ weitestgehend aus den Medien verschwunden sei und der Eindruck vorherrsche, Ebola sei schon erfolgreich bekämpft, würden noch immer tagtäglich Menschen in den Ländern Westafrikas infiziert und sterben. Thomas Laackmann: „Zwar sinkt die Zahl der Neu-Infizierten im Vergleich zum Herbst vergangenen Jahres ebenso wie die Sterberate. Dennoch ist die Seuche keinesfalls besiegt.“

Die Schülerinnen und Schüler lauschten gebannt den Infos von Thomas Laackmann, der im Oktober vergangenen Jahres den Einsatz von I.S.A.R Germany in Liberia geleitet hatte und dabei mit zahlreichen Helfern zwei Isolierstationen aufgebaut hatte. I.S.A.R Germany war übrigens eine der ersten Hilfsorganisationen überhaupt, die der Bevölkerung helfend zur Seite stand, erfuhren die Schüler, die anhand vieler Fotos einen mehr als plastischen Einblick in die konkrete Hilfe vor Ort bekamen.

Die war alles andere als leicht zu realisieren, erzählte Thomas Laackmann. Arbeit bei 45° Celsius im Schatten, dazu noch vermummt in einem aus Plastik gefertigten Schutzanzug, beanspruche die Physis enorm. Auch die Strapazen der Desinfizierung mit chlorhaltigen Mitteln seien eine Tortur gewesen. Und dann sei schließlich die mentale Komponente des Hilfseinsatzes nicht zu unterschätzen gewesen. Verstorbene, die wie Müll am Straßenrand gelegen hätten, Kinder, die ihre infizierten Eltern am Zaun der Hilfsstation hätten abgeben müssen, von Fieber gezeichnete Menschen, die stundenlang auf Einlass in die Krankenstation hätten warten müssen, prägten den Einsatzleiter, der gebürtig aus Sonsbeck ist und nun in Bern zu Hause ist.

Viele Fragen richteten die Schüler an Thomas Laackmann, und viele drehten sich um seine persönlichen Eindrücke und Empfindungen. „Was waren Ihre Gedanken beim Hin- und was beim Rückflug?“ lautete eine. Beim Hinflug, so die Antwort, habe man sich natürlich gefragt, was einen konkret in Westafrika erwarte. Schließlich sei es für ihn der erste humanitäre Einsatz in einem von einer hoch infektiösen Seuche betroffenen Land gewesen. Und natürlich habe auf dem Rückflug die große Hoffnung bestanden, nicht angesteckt worden zu sein. Erschreckend, aber andererseits auch nicht verwunderlich seine Aussage hierzu: Liberia sei ein Land, in dem vieles käuflich sei, so auch der kurze Medizincheck vor der Ausreise. Für Geld, so seine Hypothese, könne man sich wohl auch eine Ausreise trotz eines medizinischen Verdachts erkaufen.

Auch seine Empfindungen vor dem Hinflug und nach der Rückkehr in die Heimat interessierten die Schüler. „Bin ich bescheuert? Ich das nicht zu gefährlich?“, bekannte Thomas Laackmann offenherzig, waren einige seiner Gedanken am Tag, nachdem feststand, dass er nach Liberia fliegen würde. Und mental seien die 21 Tage nach der Heimkehr sehr anstrengend gewesen, da hier der Kontakt zu anderen Menschen auf ein Minimum zu reduzieren war. Es sei vorgekommen, dass er aus Besorgnis fünf Mal am Tag seine Körpertemperatur gemessen habe. Und dennoch: Viele positive Eindrücke sind geblieben, vor allem der: „Die Dankbarkeit der Menschen dort ist unbeschreiblich!“

Viel Lob hatte er auch für die Schüler des Grundkurses Gesundheitswissenschaft, die in den vergangenen Wochen eine umfangreiche Ausstellung zum Thema Ebola vorbereitet hatten und dabei nicht nur medizinische Aspekte in den Blick genommen hatten, sondern vor allem auch soziale. Dass sich vieles im alltäglichen Leben der Menschen in Westafrika aufgrund der Seuche geändert habe, verdeutlichte Thomas Laackmann insbesondere beim sonst dort üblichen Umgang mit Verstorbenen. „Es gab dort Menschen, die ihre hoch infektiösen Toten versteckt haben, nur damit diese nicht in eigens errichteten Krematorien verbrannt werden, was ursprünglich ein absolutes Tabu gewesen sei.“

In den nächsten Wochen können Interessierte die Ausstellung noch in der Liebfrauenschule besichtigen.

Text: Ewald Hülk
Fotos: Niklas Roeling, Ewald Hülk


Hinterlasse einen Kommentar