Drum prüfe ewig, wer sich bindet

Rolf Pester berichtete, wie lang der Weg war, bis er seine Freundin aus der ehemaligen DDR endlich im Westen heiraten durfte.

Viele Jugendliche haben heute keine Vorstellung mehr, wie schwer es eine echte Liebe haben kann. Unsere Beziehungen laufen übers Internet oder werden via SMS gehalten und beendet.Wie würde es sein, wenn wir nicht mal eben eine Kurznachricht an unsere Liebsten schreiben könnten? Das Gefühl, auf einen lang ersehnten Brief Wochen oder sogar Monate zu warten, ist für uns heute nur schwer nachvollziehbar. Doch um uns von gerade diesem Gefühl zu berichten, hat Herr Rolf Pester uns einen Blick in sein Buch und seine eigene Geschichte werfen lassen. Herr Pester und seine Frau Bärbel haben gemeinsam ein Buch über ihre ganz persönliche Odyssee verfasst und dies unter den Titel „Drum prüfe ewig, wer sich bindet“ gestellt.

Am 22. Jahrestag der Öffnung der Mauer besuchte Herr Pester uns, die drei Klassen der AH/13, und erzählte aus seinem Leben. Mit Witz und einer ehrlichen, sympathischen Art, führte er uns in die damalige Zeit. Er erklärte, wie es zum „Eisernen Vorhang“ kam und wie sich der Sozialismus in Ostdeutschland verbreitete. Seine Geschichte erzählte er aus Sicht eines einfachen Mannes in der Zeit des „Kalten Krieges“. Schmunzelnd berichtetet er von den typischen Schwierigkeiten der damaligen Zeit, einem Mädchen näher zu kommen, und als er es dann geschafft hatte, passierte es: Nachdem die beiden mit anfänglichen Schwierigkeiten nun doch endlich zueinander fanden, wurde das junge Glück auf eine harte Probe gestellt. Mit 17 Jahren verließ er mit seinen Eltern 1958 Ostdeutschland und flüchtete in den Westen. Ein Brief vor der Flucht war somit der erste von vielen, in einer 13 Jahre dauernden Zusammenkunft ihrer persönlichen Wiedervereinigung.

Mit Hilfe von Originalbriefen und Schriften, die er in seinem Buch zusammengestellt hat, tauchten wir ein und ließen uns von der Erzählung mitreißen. Herr Pester hatte es geschafft, uns die Gefühlszustände von ihm und seiner Frau zu verdeutlichen. Die Kuriositäten aus seiner Privatsammlung sorgten oft für Heiterkeit und verdeutlichten sehr schön die Kontroll-Politik der Stasi. Es reichte von der Schwierigkeit des eigentlichen Schreibens und gleichzeitig der Freude über den Erhalt eines Briefes, bis zum Rand der Verzweiflung, wenn kein Brief eintraf. Er schickte ihr Päckchen mit Strumpfhosen und Schokolade, und auch in seiner Erzählung kamen Bananen vor und dienten als Beispiel für das eingeschränkte Warenangebot in der DDR. Das Bangen und Warten nahm kein Ende, doch gerade die Schwierigkeiten die damit verbunden waren, prüften die beiden und ihre Beziehung für die Ewigkeit.

Trotz Kontrolle schafften es die beiden, Treffen zunächst in Ungarn und dann auch in Chemnitz zu arrangieren. Der Plan zu heiraten war beschlossen. Ihre Reise durch die verschiedensten Ämter und Behörden, bis hin zu dem Ost-Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Vogel, war lang und mit viel Hoffnungen und Enttäuschungen verbunden. Seit 1964 wurden beide vertröstet und ihre Ausreise immer wieder verschoben. Herr Pester betonte oft, dass nicht alles in der DDR schlecht war, aber die Chancen, als junge Frau aus der DDR auszureisen, waren es definitiv. Ein Auf und Ab der Gefühle, erklärte er. Doch letztlich haben es beide geschafft. 1971 gelang die Ausreise, nachdem sie wenige Tage zuvor abermals verschoben worden war.

Eine moderne Liebes- und Leidensgeschichte, wie aus einem Film entsprungen, wurde uns von Herrn Pester erzählt. Wir waren alle völlig mitgerissen, haben an seinen Lippen gehangen und bis zum Schluss mitgefiebert. Wir haben uns gefreut, einen noch persönlicheren Einblick als nur durch das Buch erhalten haben zu können. Jedoch empfehle ich jedem, der nach einer wahren Liebesgeschichte, mit viel Spannung bis zum Schluss und einem wirklich unglaublichem Happyend sucht, das Buch „Drum prüfe ewig, wer sich bindet“ selbst zu lesen und sich mitreißen zu lassen, wie eine anfängliche Verliebtheit, zur herzergreifenden Liebe reift. Das spannende Zerreiß-Spiel wird nicht nur zur Geduldsprobe für die beiden, sondern auch für den Leser. Ein absolut empfehlenswertes Buch.

Text: Vera Scholten (AH/13S2)
Fotos: Ewald Hülk


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