Leben mit der Huntington-Krankheit

Was ist die Huntington-Krankheit und wie lebt es sich damit? Eine Betroffene und Angehörige berichtet

Seit einigen Wochen erarbeiten wir, der Gesundheitswissenschaften Kurs der AH/12, Vorträge zu dem Thema „Seltene Erkrankungen“. Unser Ziel ist es, uns und vor allem andere Menschen über das Thema zu informieren, da seltene Erkrankungen oft für die meisten von uns unbekannt sind und sie in der Öffentlichkeit kaum Aufmerksamkeit erhalten. Um uns ausführlich mit dem Thema zu beschäftigen, haben wir deshalb eng mit Betroffenen zusammengearbeitet.

Am 11.11. hörte uns der Kurs dann gespannt zu, als wir unseren Vortrag über die Huntington-Krankheit hielten. Dies ist eine erbliche Erkrankung, die durch ein mutiertes Gen ausgelöst wird.
Bei der Huntington-Krankheit leiden die Betroffenen unter unwillkürlichen, urplötzlichen Bewegungen, bei denen die Muskeln sich allerdings nicht anspannen. Außerdem wirkt sich die Huntington-Krankheit, ähnlich wie eine Demenzerkrankung, auf das Gehirn aus. Das beschädigte Eiweiß in den Genen sorgt dafür, dass Gehirnzellen absterben.

Um uns auch darüber zu informieren, wie es eigentlich für die Betroffenen selbst ist, mit der Erkrankung zu leben, haben wir Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe der Deutschen Huntington Hilfe aufgenommen. Wir haben uns mit Isabell, einer jungen Betroffenen ausgetauscht. Sie selbst zeigt zwar noch keine Symptome, weiß aber, dass sie erkranken wird, denn sie hat das mutierte Gen geerbt. Ihr Vater, von dem sie uns viel berichtet hat, ist ebenfalls betroffen.

Typisch für die Huntington-Krankheit ist, so lasen wir es in Fachbüchern und so berichtete auch Isabell uns, dass Betroffene erst im Erwachsenenalter Symptome zeigen. Auch bei ihrem Vater war es so, der deshalb erst spät die Diagnose bekam. Ebenso berichtete sie uns, dass sich anfangs bei ihm Symptome wie Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen zeigten. Irgendwann sei ihr Vater beim Joggen aufgrund der plötzlich einschießenden und unwillkürlichen Bewegungen häufiger gestürzt.

Auf der Arbeitsstelle ihres Vaters wird erfreulicherweise sehr gut mit der Erkrankung umgegangen und Rücksicht genommen. Er darf zum Beispiel viele Arbeiten von zu Hause erledigen. Da Betroffene kein Auto mehr fahren können bzw. dürfen, ist das sehr hilfreich für ihn.

Aufgrund der Tatsache, dass Isabell noch keine Symptome zeigt, haben wir uns dafür interessiert, wie sie damit umgeht, zu wissen, dass sie irgendwann einmal Symptome haben wird. Entgegen unserer ersten Erwartungen geht sie damit sehr offen und positiv um. Sie hat uns unter anderem gesagt, dass es ihre Familie viel näher zusammengebracht hat und dass sie seit der Diagnose viel positiver und bewusster mit ihrem Leben umgeht. Es sei nämlich keineswegs so, dass bei der Erkrankung nur schlechte Tage kommen.

Bei unserem ersten Gespräch mit ihr durften wir ihr erst einmal zur Geburt ihres Sohnes gratulieren. Bei uns waren aber sofort viele Fragen offen. Uns hat nämlich besonders interessiert, ob ihr Sohn die Erkrankung auch hat. Das aber konnte sie verneinen. Sie hat uns sehr ausführlich von dem Verfahren berichtet, mit dem sie und ihr Mann den Traum eines Kindes verwirklichen konnten. So haben wir nebenbei auch noch mehr über die so genannte Präimplantationsdiagnostik gelernt.

Durch das Gespräch mit Isabell, aber auch schon durch die Vorträge vor unseren und den damit verbundenen Erfahrungsberichten, ist uns aufgefallen, wie positiv und offen die Betroffenen häufig mit ihren sehr unterschiedlichen seltenen Erkrankungen umgehen – und das bewundern wir sehr. Es hat uns auch dazu angeregt, über unsere Sicht auf das Leben und den Umgang mit Einschränkungen nachzudenken und darüber ins Gespräch zu gehen.

Gerade auch Isabell hat uns mit der Schilderung ihrer Erlebnisse aus der Familie und dem Freundeskreis vor Augen geführt, wie wichtig es für die Betroffenen ist, dass das Umfeld sich nach der Diagnose nicht anders verhält als vorher. Aus ihrer Sicht – und auch aus unserer Sicht – ist die wichtigste Voraussetzung, dass die Gesellschaft möglichst viel über solche Erkrankungen weiß, denn vor allem die Angst vor dem Unbekannten ist es, die die Mitmenschen auf Distanz gehen lässt und den Betroffenen damit das Leben schwer macht. Dem wollen wir auch mit unserer Unterrichtseinheit entgegenwirken.

Wir bedanken uns sehr herzlich bei Isabell. Ihr persönlicher Beitrag als Betroffene und zugleich Angehörige hat unseren Vortrag besonders lebendig werden lassen und dafür gesorgt, dass der seltenen Huntington-Krankheit viel mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde, als wir es allein mit unserer Powerpointpräsentation hätten erreichen können.

Text: Fiona Bade und Letitia Wiesner (AH12 F)
Fotos: Andreas Mäteling


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