Emotional überfordert, Impuls zur 3. Woche

Bei allem Schönen und Guten, das in den letzten beiden Impulsen im Fokus stand, wäre es falsch zu behaupten, dass diese Zeit nicht auch mit vielen Sorgen und Ängsten belastet ist. Das ist so und es ist sowohl normal als auch völlig okay, wenn einem die momentane Situation zuweilen emotional über den Kopf wächst.

Wir befinden uns in Woche 3 von #STAYATHOME und am Wochenende beginnt mit dem Palmsonntag die Karwoche. Wie passend – diese Woche ist von einem Auf und Ab der Gefühle für den gläubigen Christen geprägt.

Emotional überfordert, wenn ich darüber nachdenke, wann mir dieses Gefühl in meinem Leben schon einmal in irgendeiner Weise begegnet ist, so kommt mir das Frühjahr 2013 in den Sinn. Mit meinem Vater starb mein zweites Elternteil, es stand fest, dass ich meine vertraute Wohlfühlschule verlasse und ich wurde auch noch zum ersten Mal schwanger. Und ich erinnere mich auch schwach an mein Umgehen mit dieser Situation: Weinen, reden, weitermachen. So könnte man es knapp zusammenfassen. Passend dazu ist mir heute der Facebookeintrag meines Freundes Jockel ins Auge gefallen: „Oma sagt immer… Du darfst weinen, schreien, du darfst auch ganz kurz zweifeln und dann gehst du da raus, kämpfst und holst dir, was du willst.“

Im Nachdenken darüber kam mir Hiob in den Sinn, der für mich im Relistudium zu einer Figur geworden ist, die sich wirklich mit Leid und damit vermutlich auch mit emotionaler Überforderung auskennt. Hiob wird von Gott im Alten Testament wirklich schwer mit Leid geprüft. Und was macht er? Er fragt und klagt, er streitet mit Gott, er schmeißt ihm all seine Fragen und Zweifel vor die Füße und klagt ihn an. Er blendet die harte Realität nicht aus. Sein Verhalten lässt sich vielleicht zusammenfassen als Schwanken eines wirklich Betroffenen zwischen Gottvertrauen und Wut. Hiob stellt sich seiner emotionalen Überforderung, er schreit sie heraus, wird sich darüber seines Menschseins inklusive der dazugehörigen Grenzen bewusst. Am Ende kann er gut weiterleben.

Vielleicht hilft auch uns in dieser emotionalen Überforderungslage, zu fragen und zu klagen, um dann in Gottvertrauen weitermachen zu können mit #STAYATHOME.

Wir erleben in dieser Krise ein Wechselbad der Gefühle. Am Wochenende haben wir den „schönsten Geburtstag der Welt“ (Zitat Theo 6) gefeiert und dann gibt es wieder die Momente, in denen man am liebsten wegrennen und ganz laut schreien möchte. Gleichzeitig kochen, telefonieren, Klausuren korrigieren, E-Mails schreiben, Schulbistum pflegen… – da hilft mir nur weinen, reden, weitermachen… – und hoffen, dass man trotz all dem irgendwie noch eine gute Mutter, Ehefrau, Lehrerin, Schulseelsorgerin… ist, obwohl man sich selber manchmal einfach nur schlecht und ausgeliefert fühlt.

Für den April steht im Kalender, den das Kollegium von der Schulleitung zu Weihnachten bekommen hat: „Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht.“ (Jean Anouilh)

Dazu passt ein weiteres Zitat von Max Frisch: „Eine Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“

Ich wünsche allen viele produktive Momente, viel #dreamnowtravellater, aber auch das sichere Gefühl in den unproduktiven Momenten: Ihr seid nicht allein. In einer Krise darf man sich auch mal fühlen wie in einer Krise und muss nicht ständig gottergeben durchs Leben strahlen. Wenn Ihr also gerade einmal schreien möchtet, seid Euch gewiss: Das passiert auch den Besten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk 15,34)

Herzliche Grüße
Text und Foto: Barbara Roghmanns, Foto Header: Quelle: Ein guter Plan (https://facebook.com/einguterplan/)


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