Wie geht Arbeit mit psychisch kranken Menschen?

Wie „geht“ Arbeit mit psychisch kranken Menschen? Einblicke in das Arbeitsfeld des Betreuten Wohnens für psychisch- und suchtkranke Menschen für die FH12G2

Am 24. Januar bekamen wir, die FH12G2, im Psychiatrieunterricht Besuch von Frau Auler, die als Bezugsbetreuerin im Betreuten Wohnen für psychisch- und suchterkrankte Menschen arbeitet. Zuvor war sie 20 Jahre in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen tätig. Neben der Arbeit mit den Klienten schätzt sie daran besonders auch die Flexibilität der Arbeitszeiten und die Vielfalt im Kollegenkreis. So sind die Kollegen, zu denen neben den Bezugsbetreuern auch ergänzende Kräfte gehören, zum Beispiel zwischen 27 und 60 Jahre alt, haben einen ebenso unterschiedlichen Erfahrungsschatz wie unterschiedliche Berufsabschlüsse (Sozialarbeiter, Erzieher etc.).

Frau Auler betreut Klienten mit Suchterkrankungen und/oder anderen psychischen Problemen. Nur 5-10% ihrer Klienten haben eine geistige Behinderung. Sie berichtete uns von der anspruchsvollen, aber auch sehr erfüllenden Arbeit. Doch sei es auch sehr wichtig, Berufliches und Privates voneinander trennen zu können. Die Fähigkeit, ein angemessenes Nähe-Distanz-Verhältnis zu schaffen, sei grundlegende Voraussetzung für die Tätigkeit. Gerade als Bezugsbetreuer müsse man immer eine professionelle Distanz herstellen. So siezen die Bezugsbetreuer ihre Klienten auch und lassen sich siezen, um damit klarzumachen, dass zwar eine Vertrauensbasis besteht, die jedoch nicht mit einer Freundschaft verwechselt werden darf.

Mit Blick auf die Klienten berichtet Frau Auler, dass man ihnen die psychischen Erkrankungen auf den ersten Blick nicht ansieht. Man erkenne es häufig erst, wenn ein engerer Kontakt besteht. Viele machen die Erkrankungen auch bewusst nicht immer direkt offensichtlich.

Einige ihrer Klienten sind an der Borderline-Persönlichkeitsstörung erkrankt und werden schnell von anderen im Umfeld in eine Schublade gesteckt, und zwar in die der Selbstverletzung, was aber nicht auf alle zutrifft. Borderline-Erkrankte nutzen die Selbstverletzung häufig, um Druck abzulassen. Dabei ist die bekannteste Art das Ritzen, allerdings können die Klienten ihren Druck nicht nur durch Selbstverletzung ablassen, was viele denken. Einige fahren auch sehr risikoreich Auto, oder haben Probleme beim Umgang mit Geld. 90% der Klienten haben ein finanzielles Problem und empfangen Hartz 4. Ein Grund dafür ist häufig, dass den Klienten im Kindesalter andere Werte und die Wichtigkeit von Geld nicht vermittelt wurde. Viele entstammen sehr instabilen Familienverhältnissen.

Auf unsere Frage, was denn in der Betreuung besonders wichtig sei, antwortete Frau Auler, dass es darum geht, den Klienten auf Augenhöhe zu begegnen und sie nicht nur auf die Krankheit zu reduzieren. Dies ist vor allem auch die Basis für gute Gespräche, in denen man Erfolge (z. B. im Hinblick auf den Umgang mit Geld) erzielen kann. Vor allem müsse man auch wissen, welche Symptome typisch sind, so z. B. das Problem, Beziehungen zu gestalten und der Hang zum Schwarz-Weiß-Denken auch in Beziehungen.

Wie wir schon aus dem Unterricht wussten und wie Frau Auler nochmals unterstrich, haben psychische Erkrankungen häufig sehr verschiedene Ursprünge, daher kann man nicht genau sagen, woher sie kommen. Sie können durch Lebensumstände, die einen aus der Bahn werfen – was Frau Auler bei ihren Klienten auch oft beobachtet -, Verlustsituationen und aus weiteren Gründen auftreten. Somit ist auch niemand davor geschützt, psychisch krank zu werden. Es sind Menschen wie du und ich und so sollten wir Betroffenen auch begegnen.

Wenn Frau Auler oder ihre Kollegen von einem Klienten erfahren, dass er Suizidgedanken hat, wird dieser in eine Klinik eingewiesen, da solche Fälle sehr ernst zu nehmen sind. Natürlich kann es sein, dass man mit Todesfällen und Suizid in Berührung kommt, jedoch seien diese keineswegs so häufig wie bei Menschen im Krankenhaus oder Altenheim.

Bei der Arbeit müsse man wissen, dass die Wahrscheinlichkeit für eine komplette Heilung eines Klienten sehr gering sei. Es sei aber schon ein großer Schritt, wenn die Klienten viel über Ihre Krankheit wissen, da Erkenntnis von wesentlicher Bedeutung für weitere Fortschritte in der Therapie ist und die Grundlage für eine gute Compliance der Klienten. Außerdem gibt es spezielle Medikamente und Therapien, womit Klienten trotzdem ein relativ normales Leben führen können. Jedoch wird die Diagnose immer etwas sein, was sie lebenslang begleitet. Aber je früher die Krankheit diagnostiziert wurde, um so besser sind die Behandlungschancen.

Durch den Besuch von Frau Auler, haben wir einen Einblick in ihr das sehr interessante Berufsleben als Sozialarbeiter im Betreuten Wohnen für psychisch- und suchterkrankte Menschen bekommen und haben erfahren, welche Kompetenzen man dafür benötigt. Außerdem konnten wir durch Frau Auler unser Wissen über psychische Erkrankungen erweitern. Danke für den Besuch!

Text: Sophie Heisig & Elisa May (FH 12/G2)
Fotos: Andreas Mäteling


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