Fazenda da Esperança : Leben auf dem „Hof der Hoffnung“

Fazenda da Esperança : Leben auf dem „Hof der Hoffnung“ oder: Was Liebe aus einem Menschen machen kann.

Die Fazenda de Esperança, zu Deutsch „Hof der Hoffnung“, zeigt jungen Menschen einen Weg aus verschiedenen Süchten und Abhängigkeiten. Dort bekommen sie die Möglichkeit, neue Perspektiven für ihr Leben und vor allem den Selbstwert wiederzuentdecken. Sie finden Antworten auf oft jahrelange Fragen und eine echte Alternative, um einen Neuanfang machen zu können. Schon länger hatten wir im Religionsunterricht über den „Wert“ des Menschen gesprochen, über das biblisch-christliche Menschenbild und was es beinhaltet.

In dem Zusammenhang kamen einer Schülerin unserer Klasse ihre Erlebnisse auf der Fazenda da Experança in Xanten-Mörmter in den Sinn, die sie mit ihrer Firmgruppe besucht hatte. Das machte uns neugierig und so luden wir drei Männer aus der Fazenda zu uns in den Unterricht ein, um uns von ihrer Geschichte mit der (Wieder-)Entdeckung ihres Selbstwertes zu berichten.

Wir, die FH11G2, bekamen am 25. Oktober Besuch von zwei Rekuperanten und einem Freiwilligen der Fazenda da Esperança. Als Rekuperanten bezeichnet man die Suchterkrankten, die sich dafür entschieden haben, ein Jahr auf dem Hof der Hoffnung zu leben, um ihre Sucht zu bekämpfen. Als Freiwilliger wird im dem Sinne ein Rekuperant bezeichnet, der sein Jahr schon hinter sich hat, seine Sucht bekämpft hat und somit ein neues Leben anfangen konnte und noch anderen Menschen auf diesem Weg helfen möchte, aber auch andere, die einen Teil ihres Lebens z.B. ein Jahr oder einige Stunden der Woche für die Gemeinschaft opfern.

Insgesamt gibt es seit der Gründung 1983 in Brasilien 64 Höfe der Hoffnung in 14 verschiedenen Ländern. Es gibt 39 Höfe für Männer und 25 Höfe für Frauen. In Deutschland alleine gibt es schon drei Höfe für Männer und zwei für Frauen. Die drei Männer, die uns besuchten, kamen von der Fazenda „Kloster Mörmter“ aus Xanten. Sie waren sehr offen und scheuten sich auch nicht, uns von ihrer Vergangenheit zu berichten, die von zum Teil schwierigen familiären Verhältnissen und von verschiedenen Drogen geprägt war. Darüber hinaus sprachen sie aber vor allem auch über ihr jetziges Leben und die Wandlung, die in der Zeit auf der Fazenda begonnen hat. Es war überwältigend zu erfahren, was zuvor fremde Menschen auf einem Hof der Hoffnung verbinden kann und was sie schon alles hinter sich haben. Durch das gemeinsame Leben und das Teilen der Zimmer auf dem Hof bilden sich tolle Freundschaften. Ein Rekuperant sagte: „Es ist wichtig, Freunde auf der Fazenda de Esperança zu haben; denn man hat schließlich keinen anderen mehr. Kontakt zur Außenwelt dürfen wir erstmal nicht haben, um uns nur auf uns zu konzentrieren. Wir leben auf dem Hof wie in einem kleinen Dorf!“

Der Weg der Rekuperation auf der Fazenda beinhaltet drei wichtige Aspekte, die die Fazenda als die drei Säulen bezeichnet: Die tägliche Arbeit, die sinnstiftend ist und dazu beiträgt den Lebensunterhalt zu verdienen, das gemeinschaftliche Leben und die Offenheit für eine christliche Spiritualität, die aus dem Wort Gottes erwächst.

Für uns war es schwer, sich ein solches Leben praktisch vorzustellen. Deshalb hatten wir auch viele Fragen: Wie gelangt ihr denn an das Essen? Oder an die Anziehsachen? Und verliert ihr nicht den Kontakt zu euren Freunden? Wie oft betet ihr denn? Habt ihr das früher auch schon gemacht? Bei den Fragen mussten die drei Besucher schmunzeln und sagten, dass sie das Essen von der Tafel bekommen und viel selbst anpflanzen und dass die Anziehsachen von den Freiwilligen geholt werden oder man untereinander tauscht und darauf achtet, dass für alle was da ist. Geld dürfen die Rekuperanten nämlich während des ganzen Jahres nicht anfassen! „Ja, und was das mit den Freunden angeht“, sagten sie. „Wenn die, die wir einst Freunde nannten, als wir in den tiefsten Phasen unserer Sucht steckten, wirklich unsere Freunde waren, dann werden wir nach unserem Jahr hier auch Freunde sein.“

Die Themen Freundschaft und Liebe waren auch in unserem Gespräch von besonderer Bedeutung. Die meisten Menschen tragen eine (Sehn-)Sucht, nach „geliebt-sein“ und „lieben“ in sich. Diese aber wurde bei vielen Bewohnern der Fazenda im vorherigen Leben oft genug nicht gestillt. Niemand muss auf der Fazenda gläubig oder gar katholisch werden, aber alle müssen an den Gebetszeiten teilnehmen und die Bereitschaft mitbringen, sich auf praktische Art und Weise mit der Bibel und der „Frohen Botschaft“ auseinanderzusetzen.

Wir waren wirklich positiv überrascht, wie selbstsicher und stark unsere Besucher über ihre Vergangenheit sprachen und was sie uns aus ihrem alten Leben und nun auch von ihrem Neubeginn anvertraut haben, obwohl wir anfangs Fremde für sie waren. Dabei betonten sie, dass sie sich zu Beginn ihrer Zeit auf der Fazenda längst nicht so stark fühlten. Für uns wurde so sehr anschaulich, welche Wandlung in einem Menschen geschehen kann, der Liebe und Wertschätzung erfährt, und der sich so seines Selbstwertes bewusst wird – und was der Glaube an einen liebenden Gott dazu beitragen kann.

Wenn ihr wollt, schaut doch mal bei der Fazenda Kloster Mörmter in Xanten vorbei. Die Rekuperanten dort haben durch Spenden ein eigenes Hofcafé erbaut, was sie mit selbstgebackenen Kuchen und Kaffee bewirtschaften. Dazu gibt es keine festen Preise, sondern sie überlassen dem Käufer selbst, ob er für das Essen bezahlt und wenn ja, wieviel er dafür gibt. Eine tolle Erfahrung war es auf jeden Fall die Fazenda da Esperanca kennenzulernen und wir hoffen, dass ihr bald auch so tolle Erfahrungen machen könnt und dass ihr durch unseren Bericht einen kleinen Einblick von der Fazenda da Esperança bekommen habt.

Text: Sarah Demuth und Marie Hoffacker (FH11G2)
Fotos: Andreas Mäteling


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