Ein Drink zum Abheben?

Flügel soll er verleihen – so sagt es der Weltmarktführer dieser Getränke. Was in diesen Drinks steckt, erarbeiteten jetzt zwei Leistungskurse des Beruflichen Gymnasiums.

„Können wir nicht mal besprechen, wie Energy-Drinks wirken“, fragte Ina Birk im LK Biologie.

Ihre Mitschüler aus der AH/13 fanden die Idee so spannend, dass einige Zeit später als Einstieg in die Unterrichtsreihe die ersten Werbespots von Red Bull über das Smartboard in N 014 flimmerten. Knackige Kerle waren darin zu sehen, sportive Frauen mit sonnengebräuntem Teint, feine Bodies mit gestählten Muskeln, pralle Lebensfreude, Kraft pur. Die Menschen dort vereinte, das erkannten die Schülerinnen und Schüler schnell, das Bild von energiegeladenen Menschen, die dem Abenteuer die Stirn bieten und nimmermüde voller Tatendrang das sportliche Wagnis auf sich nehmen.

Auch wenn aus der Liebfrauenschule niemand, wie in einem Werbespot, eine hohe Klippe kopfüber ins kühle Wasser springt, so ist doch klar, dass viele aus der Schülerschaft mehr oder weniger oft zu Energy-Drinks greifen (siehe Grafiken im PDF-Dokument unten). Ja, sie schmecken vielen lecker und sind wahre Muntermacher! Das jedenfalls waren einige der Gründe, die für den Konsum genannt wurden. Clou für viele dabei: Man trinkt sie nicht pur, sondern bevorzugt gemixt mit anderen Getränken. Jägermeister und Wodka lassen hier grüßen.

Was aber steckt nun in ihnen? Und sind sie wirklich gesundheitsschädlich? Das waren die Fragen, die die Schüler aus dem LK Bio 1 der AH/13 und dem LK Bio der AH/12E im Folgenden bewegten.

Vitamine
Ein Blick auf die Dosen und der Vergleich zum Beispiel mit Coca Cola gaben erste Aufschlüsse. Und für den Laien hörte sich das erst einmal gar nicht so schlecht an. Zitat von der Red-Bull-Dose: „B-Komplex-Vitamine tragen zur geistigen Leistungsfähigkeit (Pantothensäure) sowie zur Verringerung von Müdigkeit und Erschöpfung bei (Niacin, Pantothensäure, B6, B12).“

Vitamine stecken also in dem süßen Saft aus der Getränkedose!!! Sollte das der erste Pluspunkt für Energy-Drinks sein? Mitnichten! Der für den Menschen tägliche Bedarf an diesen Vitaminen wird problemlos über eine ganz normale Ernährung sichergestellt, wussten die Schülerinnen und Schüler schnell anhand der Info-Materialien zu berichten. Red Bull und Co sind dafür also nicht erforderlich. Die Gefahr einer Überversorgung mit Vitaminen, eine so genannte Hypervitaminose, sei aber auch nicht gegeben.

Coffein
Was aber hat es nun mit Coffein auf sich, das ja bekanntlich auch im Kaffee oder in der Cola steckt? 80mg, also rund dreimal so viel wie in einer entsprechenden Menge Cola, sind in einer 250ml-Red-Bull-Dose. Zum Vergleich: Der Koffeingehalt einer Tasse Kaffee liegt bei etwa 30-100mg pro 100ml.

Coffein besitzt unter anderem folgende Wirkungen:
• Anregung des Zentralen Nervensystems
• Erhöhung der Kontraktionskraft des Herzens, verbunden mit einer Steigerung der Herzfrequenz.

Wie aber kommt das zustande? Hier muss man zuerst über eine chemische Substanz sprechen, der eine wichtige Rolle in jedem Körper zukommt. Ihr Name: Adenosin. Dieses Adenosin hat eine sehr wichtige Aufgabe. Es entsteht, vereinfacht gesagt, wenn der Körper Energie verbraucht. Es setzt sich im Gehirn dann an bestimmte Rezeptoren, um dafür zu sorgen, dass die entsprechenden Zellen etwas zur Ruhe kommen. Adenosin schützt also den Organismus vor einer Überanstrengung.

Nun aber kommt Coffein ins Spiel. Coffein ist aufgrund seiner chemischen Struktur der Gegenspieler des Adenosins. Es besetzt nach dem Konsum die so genannten Adenosinrezeptoren, ohne aber die Aufgabe des natürlichen Adenosins zu übernehmen. Die Nervenzellen bekommen nun kein Signal, „herunterzufahren“, sondern arbeiten trotz steigender Adenosinkonzentration im Körper normal weiter.

Taurin, Inosit
Auch Taurin beeinflusst die Signalübertragung im Nervensystem. Hier begünstigt es den Einstrom von Calciumionen in die Nervenzelle.

Was aber heißt das konkret? Wenn eine Nervenzelle eine Information auf eine andere Nervenzelle überträgt, strömen zuerst Calciumionen in das so genannte Synapsenendknöpfchen ein. Dieser Einstrom bewirkt, dass Botenstoffe, auch Neurotransmitter genannt, in den synaptischen Spalt freigesetzt werden und dort an der Folgezelle einen Natriumioneneinstrom hervorrufen, so dass die Information in der folgenden Nervenzelle weitergeleitet werden kann. Calcium ist somit Teil einer geordneten Informationsweitergabe von der einen auf die andere Nervenzelle.

Taurin aber verstärkt diesen Einstrom von Calciumionen in das Synapsenendknöpfchen. Die Folge: Es werden vermehrt Transmitter ausgeschüttet. Konsequenz: Die Information der Nervenzelle – man kann auch vereinfacht sagen: Erregung – wird verstärkt an die Folgezelle weitergegeben. Eine vergleichbare Wirkung hat das Inosit, das ebenfalls Bestandteil von Energy-Drinks ist.

Ist das aber alles nun gesundheitlich bedenklich?
Tendenziell herrschte hier Einigkeit unter den Schülern. Der Zuckergehalt (ähnlich wie in Cola), Coffein, Taurin und die überflüssige Einnahme von Vitaminen können bei gelegentlich mäßigem Konsum – sprich einer Dose – kaum schädlicher sein als das tägliche mehrmalige Trinken von Kaffee……wenn, ja wenn nicht eine Substanz in Energy-Drinks enthalten wäre, die einen halben Zungenbrecher als Namen hat:

Glucuronolacton
Hier spricht die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit klare Worte, indem sie für Energy-Drinks einen Grenzwert für diese Substanz, die auch in anderen Lebensmitteln (z.B. Wein) in geringerer Konzentration vorkommt, festsetzte. Dieser Grenzwert besagt, dass eine Unbedenklichkeit nur bei der Aufnahme von maximal 350 ml, das heißt knapp anderthalb Dosen Energy-Drink pro Tag, besteht. Negative gesundheitliche Folgen, so wird gewarnt, ereigneten sich vornehmlich bei jungen Menschen, die Energy-Drinks bei stärkerer körperlicher Anstrengung oder aber in Kombination mit Alkohol konsumieren. Das aber wiederum steht so nicht auf den Dosen, stellten die Schüler fest!

Umfrage zu Energy-Drinks

Text und Foto: Ewald Hülk


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