Verdammt gut, das Musical „Verdammte der Finsternis“

„Entschuldigung“, fragte der graumelierte Herr mit der randlosen Brille zur Pause. „In welcher Stadt wurde das Musical bisher schon aufgeführt?“ Die Antwort war ebenso knapp wie verblüffend: „In keiner!“ Denn das Musical „Verdammte der Finsternis“ erlebte nun in der Aula der Liebfrauenschule so etwas wie eine Welturaufführung. Verantwortlich dafür: Guido Niermann und Thomas Cöhnen, die das Drehbuch im vergangenen Jahr mit vielerlei kreativen, sprich scheußlich-gruseligen bis hin zu skurril-humorvollen Ideen schrieben.
Die schaurig-schöne Geschichte, die angehende Fachabiturienten und Abiturienten der Liebfrauenschule auf die Bühne brachten, ist nicht schnell erzählt: Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe Jugendlicher hat bei einer Internetauktion eine Schlossführung gewonnen. Hinter den trutzigen Mauern von Schloss Hochstein sehen sich die acht Jugendlichen zum ersten Mal. Ihre Charaktere könnten unterschiedlicher kaum sein: Da gehören Mia und Jil, die punkigen Gören, ebenso dazu wie Jenny, die versnobte, blonde Zicke. Mit von der Partie ist auch der pummelige Justus, ein dreimalkluger Streber wie von einem Elite-Internat, und Emely, das leichenblass und in pinken Hello-Kitty-Leggins daher kommende Mädel vom Lande, das mit ihren langen Zöpfen wimmernd die Bangebuchse abgibt.
Kaum jemand der acht Schüler ahnt, was sie erleben werden. Der Grusel lässt nicht lange auf sich warten. Der greise Kastellan, nur scheinbar wie tot schlummernd im Rollstuhl sitzend, aber mit einer gehörigen Portion vorausahnender Perfidie ausgestattet, vermag die cool daherkommende Schülerschar noch nicht ernsthaft ins Grübeln zu bringen. Das gelingt dann aber den beiden Protagonistinnen des Stückes, Rebecca und Amalia von Vredestein, gespielt von Karolin Roeling und Lena Hendrix, umso mehr. Nur alle 30 Jahre kehren die beiden schönen Schwestern für nur eine Nacht auf Schloss Hochstein zurück, um, jede für sich, Erlösung zu finden, denn blutig endete ihr Leben 390 Jahre zuvor. Beide liebten damals denselben Grafen. Doch als Rebecca merkte, dass der von ihr Angebetete ihrer jüngeren Schwester den Vorzug gibt, stieß sie diesem den Dolch mitten ins Herz und tötete sich selbst, worauf auch Amalia aus Gram sich selbst richtete.
Was nun auf der Bühne passiert, ist, sachlich-nüchtern gesprochen, der Wettbewerb zweier Schwestern, um für die Ewigkeit den einen Platz an der Seite des erdolchten Geliebten zu erlangen. Dramaturgisch beinhaltet das aber, die Schülerschar in Angst und Schrecken zu versetzen, indem jeder einzelne der Jugendlichen Spielball einer ganzen Armada von Grusel einflößenden Wesen wird, die Rebecca, die Böse der beiden Schwestern, ruft. Da haben finstere Zombies, fauchende Vampire und elastische Skelette ebenso ihren großen Auftritt wie der „Tod“ und eine alles andere als belustigend daher kommende Truppe von Clowns.
Dramaturgisch sind die Darsteller auf der aufwendig gestalteten Bühne, dem inneren Gemäuer einer alten Ritterburg, ebenso perfekt in Szene gesetzt wie vom Outfit her, der Kostümierung und der Maske. Clou bei alledem: der musikalische Part. Gesang, Live-Musik und Tanz lassen das Stück trotz des makabren Inhalts zu einem überaus kurzweiligen Amusement gedeihen. Alle Songtexte, entlehnt aus bekannten Musicals und der Rock- und Popmusik, entstammen übrigens der Feder der beiden Musical-Autoren und einiger Darsteller.
130 Schüler haben in Kooperation mit sechs Lehrern so seit dem letzten Sommer im Team am Gesamterfolg gearbeitet. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen brachten sie sich mosaikartig in das Gesamtwerk ein. Ein Beispiel für viele: Sämtliche Kostüme, selbst die pompösen Gewänder von Amalia und Rebecca, wurden eigenhändig konzipiert und in vielen Stunden maßgeschneidert. „Mitunter waren einzelne Schüler freitags bis Mitternacht oder gar in den Weihnachtsferien in der Schule um zu proben, zu nähen oder das Bühnenbild zu gestalten!“ lobt Guido Niermann das Engagement aller.
Ein Rezept für den Erfolg war aber auch das Casting vor den Sommerferien, bei dem die einzelnen Rollen vor der Lehrerjury ausgespielt wurden. Ein Glücksfall war, dass im vergangenen Jahr mit dem Musical „Dschungelbuch“ eine ähnlich große Produktion in der Liebfrauenschule stattfand. „Eine große Gruppe hatte damals schon mitgearbeitet und konnte daher ihre Erfahrungen einbringen“, erläutert Thomas Cöhnen. Viele Handlungsabläufe, die im Vorfeld einer großen Produktion wichtig sind, seien daher schon eingeübt gewesen.
Was aber bleibt nach sieben Aufführungen mit fast 3000 begeisterten Zuschauern? Zum einen die Gewissheit, dass dieses von Unwirklichkeit und Tod durchtränkte Drehbuch wohl nur in Geldern und sonst nirgends dank eines herausragenden Ensembles mit meisterhaft aufspielenden Akteuren und überaus kreativen Mitstreitern hinter der Bühne so bravourös mit Leben gefüllt wurde. Zum anderen aber auch das Vermächtnis der Amalia, der Guten, die, bevor die befreite Schülerschar sie umringt, singt: „Die dunklen Mächte werden scheitern wegen Liebe, Treue, Freundschaft und ganz viel Mut!“ Große Worte! Großes Theater!

Text und Fotos: Ewald Hülk

HAUPTDARSTELLER
RebeccaKarolin Roeling
AmaliaLena Hendrix
JugendlicheLena Weikamp, Manuela Kempkens, Irina Verhülsdonk, Martina Wustmans, Björn Saborowski, Marina Kettner, Saskia Hartleb, Kathrin Thelen
KastellanThomas Raeth
GruselclownTeresa Becker
ZombieAnne Drießen
SchlossgeisterChantal Brindöpke, Cosima Brindöpke
Der "Tod"Steffen Werner
VampireFranziska Zorandy, Lorena Schmit, Dana Brinkmann
KREATIVTEAM
GesamtleitungGuido Niermann
Drehbuch
Dramaturgie
Inszenierung
Guido Niermann
Thomas Cöhnen
Bühnenbau und -konzeptionGregor Strunk
Musikarrangement, BandleitungTheo Baumgärtner
Musikarrangement, GesangscoachingJulia Karsten
Tanzleitung, ChoreografieAnn-Christin Chmill, Anne Drießen
KostümeLena Schoofs (Leitung)
MaskeLena-Marie Esselborn (Leitung)
Logistik, OrganisationKarla Hilsemer

Kommentare

  1. Annika Unger sagt:

    Mir fehlen die Worte… oder nicht ganz 🙂 es war verdammt fantastisch gut. Ich bin so stolz auf ALLE Beteiligten! Und ich bin jedesmal aufs Neue überwältigt, dass kein Lehrer hinter der Bühne steht und Ihnen sagt, wann wer raus muss… Alle Einsätze haben – soweit ich das beurteilen konnte – gepasst und das bei der Premiere! Wo soll das denn noch hinführen??? Ich freue mich auf die nächsten Aufführungen und wünsche Ihnen allen weiterhin viel Erfolg und vor allem jede Menge Spaß, Freude und ein absolut geiles Gefühl.

  2. Annika Unger sagt:

    Wie nicht anders zu erwarten, hat auch an diesem zweiten Abend alles noch einen kleinen Tick besser geklappt. Ob alle Schülerinnen und Schüler die 100% erreicht haben, das möchte ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Das überlasse ich den beiden Herren für die morgige Motivation 🙂 Ich war auf jeden Fall hin und weg von der Leistung aller Beteiligten. Man muss also nicht weit fahren, um sich in einem Musical zu gruseln und einen verdammt genialen Abend zu genießen. Vielen Dank und bis morgen 🙂

  3. Annika Unger sagt:

    Heute waren Profis am Werk. Zweitbesetzungen brauchen unsere Schülerinnen und Schüler nicht! Sie spielen auch, wenn sie eigentlich körperlich nicht spielen können. Und alle anderen ziehen mit und füllen die „Lücken“, die eigentlich keine waren, denn keiner der Zuschauer hat gemerkt, dass irgendetwas anders war. Einfach nur grandios!
    Vielen Dank

  4. Annika Unger sagt:

    Der Tag Pause hat allen gut getan. Die Akkus waren wieder voll und alle haben sich heute übertroffen. Das Publikum war heute aber auch besonders gut drauf und hat unsere Schauspielern schon während der Aufführung wahnsinnig gut unterstützt, vom Applaus muss man an dieser Stelle nicht sprechen. Leider gab´s eine kleine technische Störung – womöglich wegen der nicht ausgeschalteten Handys im Publikum 🙁 – und eine viel zu nachdenkliche Person (erste Reihe Mitte), die besser einfach ihrem ersten Impuls gefolgt wäre – Sorry Anne 🙂 Wird bei den nächsten Aufführungen nicht mehr vorkommen. Allen, die noch kommen, kann ich ein fantastisches Grusical versprechen….Sie werden einen nicht zu vergessenden Abend erleben. Viel Freude beim Zuschauen.

  5. Rita Rennings sagt:

    War gestern, auf Einladung einer Bekannten, in der Aufführung.
    Bin total begeistert. War schon öfters bei „berühmten“ Musical-Aufführungen. Diese Aufführung kann sich mit mit denen messen, obwohl nur Laien-Darsteller dabei sind. Soviel Engagement und Spass ist bei anderen Aufführungen nicht immer zu spüren.
    Obwohl ich ansonsten keine Verbindung zu dieser Schule habe, werde ich mit Sicherheit im nächten Jahr wieder dabei sein.
    Super!!!!

  6. Annika Unger sagt:

    So, es ist mal wieder soweit – ein Kommentar von mir. An dieser Stelle möchte ich mal nicht die Darsteller auf der Bühne in den Mittelpunkt stellen, sondern die fleißigen Helferlein hinter den Kulissen. Wenn man nun schon einige Male die Aufführungen gesehen kann, kann man mal dazu übergehen und sich die ganzen Details der Kostüme und Masken etwas genauer anschauen … Da passt wirklich alles zusammen. Die fleißigen Schneiderlein und Damen von der Maske haben gekonnt zusammengearbeitet und Kostüm und Schminke bis ins kleinste Detail abgestimmt. Sogar die Zombiepuppe sieht aus wie ihre Darstellerin, irre!
    Und dann noch ein kleines Lob an die beiden „Väter“ des Stücks 🙂 Die kleinen, feinen Veränderungen sind absolut ins Schwarze getroffen. Habe mich köstlich amüsiert. Mal gucken welche Überraschungen mich morgen erwarten.

  7. M.Hügens sagt:

    Zum dritten Mal nun habe ich mich durch das Musical-Team der LFS spitzenmäßig unterhalten gefühlt. Ich kann es gar nicht fassen, dass man nun zum dritten Mal eine solch fantastische Leistung auf die Bühne gebracht hat, denn schon beim „Zauberer von Oz“ habe ich gedacht: „Noch einmal so etwas oder sogar noch besser – geht gar nicht“ DOCH!!!!!!! GEHT WOHL!!!
    Die Leistung ALLER beteiligten Schülerinnen und Schüler verdient ALLERHÖCHSTES Lob: die Kostüme, die Maske, das Bühnenbild, die Technik, die Musik und natürlich die Schauspieler, von denen viele sich auch noch als Supersänger geoutet haben (Lena X.- Sie haben einen neuen Fan: Ihre Interpretation des Sinead O’Connor Liedes war exellent, anrührend und einfach nur umwerfend gut!!!).
    Ich könnte noch stundenlang so weiter schreiben – aber wer will das schon lesen, also zusammenfassend nochmals ein RIESENLOB und vielen, vielen Dank für die Wahnsinnsarbeit, die unendlichen Stunden und das wunderbare Ergebnis.
    Ich bin stolz, dankbar und empfinde es als Privileg, Teil der Schule zu sein, die so etwas Tolles hervorbringen kann.

  8. Annika Unger sagt:

    Heute ist die vorletzte Klappe gefallen und heute haben ALLE ihre Rollen schauspielerisch voll und ganz ausgefüllt. Da geht aber morgen noch etwas bei der Letzten! Die Emotionen werden morgen sicherlich noch stärker durchkommen als sie es heute schon waren. Die gesangliche Leistung unserer Schülerinnen war heute phänomenal. Ich habe eine Gänsehaut nach der anderen bekommen. Vielen Dank. Es war eine Freude wieder vorne dabei gewesen zu sein und Sie alle spielen zu sehen. Es ist einfach der absolute Wahnsinn, was Sie seit 2 Wochen leisten und wie viel Herzblut Sie alle in die Aufführungen stecken. Ich kann mich Frau Hügens nur anschließen, wenn sie sagt, dass sie stolz ist, Teil dieser Schule zu sein.

  9. Matthias sagt:

    Ganz großes Musical !
    Die Schlagzeilen werden lauten „König der Löwen kann einpacken“ oder „Hier kommt Alex von den Toden Hosen erstrahlt in neuem Glanz!“
    Ein großes Lob an die Sänger das war -muss ich leider zugeben- noch besser als letztes Jahr !
    Die Tanzchoreographieen sahen mit den vielen Tänzern verdammt eindrucksvoll aus !
    Das Bühnenbild war ebenfalls der Burner, sollte Herr Niermann den Thron räumen bzw Herr Strunk in Massenproduktion gehen – hier ist die erste Vorbestellung !
    Bei so einer Schul-/Musicalband brauch man glaub ich nichts mehr zu sagen !
    Und das große Lob geht an die Ton und Lichttechniker !

    Der Weg aus Moers hat sich wirklich gelohnt ! Nächstes Jahr ist das Musical schon eingeplant !

  10. Annika Unger sagt:

    Wie ich nicht anders erwartet habe, war die Leistung ALLER Beteiligten heute wiedermal grandios. Ich war von der ersten bis zur letzten Minute begeistert und gefangen in Ihren Emotionen. Wachsen Sie an diesen Erfahrungen und Emotionen, die Sie in den vergangenen Monaten und vorallem bei den einzelnen Aufführungen gefühlt haben. Nehmen Sie sie mit und erinneren Sie sich daran. Sie werden diese Zeit niemals vergessen, auch wenn heute der letzte Vorhang für dieses Stück in unserer Aula gefallen ist. Sie haben begeistert. Vielen Dank.

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