„6 Personen suchen einen Autor“

Das hat Guido Niermann, Lehrer und Regisseur der Theatergruppe der gymnasialen Oberstufe der Liebfrauenschule, geschickt inszeniert. Bei gleich drei Aufführungen des Stückes „6 Personen suchen einen Autor“, frei nach Luigi Pirandello, hatten die zahlreichen Zuschauer das Gefühl, Mäuschen zu spielen bei dem, was sich in einem Theater jenseits der Aufführungen vor und hinter dem Bühnenvorhang abspielt.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht der ebenso ambitionierte wie cholerische Theaterdirektor (Matthias Palka), der besessen ist von der Idee, das beste Theaterstück aller Zeiten zu inszenieren. Ihm steht jedoch ein allenfalls zweitklassiges Ensemble schauspielernder Speichellecker zur Seite, das ihm bereitwillig nach dem Munde redet und daher bereit ist, jede Rolle zu übernehmen.

Erste Proben nehmen ihren Lauf, als plötzlich sechs Personen einer Familie auf der Bühne stehen: eine Mutter (Karina Treeker), die ihre Tochter (Alicia Daniels) in den Puff steckte, der Stiefvater (Benjamin Westermann), der diese in einem Raum eben jenes Etablissements wieder traf, sowie die drei Halbgeschwister. Die Sechs sind auf der Suche nach einem Autor, der ihre von Enttäuschung und Hass geprägte familiäre Tragödie zu Ende inszeniert. Sie behaupten von sich, unvollendete Bühnenfiguren zu sein, deren Geschichte zu Ende geführt werden müsse, um so endgültig ins Reich der Kunst entlassen werden zu können. Für ausreichend Konfliktstoff ist also gesorgt im Spannungsfeld des ehrgeizigen Theaterdirektors, der zu allem bereiten Schauspieler und der in sich zerstrittenen Familie.

Mehr als überzeugend wird dieser Konflikt in Szene gesetzt durch die schauspielerische Leistung der optimal besetzten Charaktere: Hier der fahrige, auf billigen Applaus ausgerichtete Theaterdirektor, dort der philosophisch anmutende Vater und ihm gegenüber gestellt die zutiefst verletzte, von Hass erfüllte Tochter, die sich prostituieren musste.

Die schnell vorgetragenen lauten Dialoge machen die Angelegenheit spannend. Die dem eilenden Theaterdirektor auf Schritt und Tritt folgende, stets applaudierende Schauspielertruppe sowie deren an Oberflächlichkeit kaum zu überbietenden Kommentare würzen das Stück mit Tempo und Humor. Authentisch ist der Ort des Geschehens: Vieles wie die prinzipiellen Diskussionen mit dem Theaterdirektor finden im Grenzbereich am und vor dem Vorhang statt. Die Szene im Puff hingegen, die von der Tochter und dem Stiefvater einfühlsam vorgespielt und dann vom Ensemble gefühllos und deshalb billig nachempfunden wird, in einem aufwändig komponierten, edel aussehenden roten Schlafgemach auf der Bühne.

Starker Applaus dann am Ende: zum einen für eine überaus überzeugende Darstellung der Schülerinnen und Schüler, zum anderen für eine clevere und stets kurzweilige Inszenierung einer Thematik, die durchaus Tiefgang besaß.

Text und Fotos: Ewald Hülk


Hinterlasse einen Kommentar