Ehemalige Schüler präsentieren „Norway.today“

Juli: „Morgen werden wir sterben – ich bin so glücklich!“ August: „Ich auch!“

Juli (Sandra Maghs) und August (Thomas Cöhnen), beide aus höchst unterschiedlichen Motiven fest davon überzeugt, ihres Lebens überdrüssig zu sein, lernen sich in einem Internet Chatroom für Selbstmordwillige kennen. Via Internet leisten sie den Schwur sich gemeinsam umzubringen und beschließen nach Norwegen zu reisen, um dort zusammen von einem 600 m hohen Felsen über einem Fjord zu springen. Mit Zelt, Schlafsack, belegten Brötchen, Zigaretten und Bier kommen sie an einem schneetrüben Tag auf dem Felsplateau an. Je länger sie sich aber auf den großen Moment vorbereiten, das erste und letzte wirkliche Ereignis ihres Lebens, desto heftiger werden sie vom wirklichen Leben überrascht. Julie und August, die ihre letzte Antwort gefunden glaubten, stehen plötzlich vor lauter ersten Fragen wie „war das schon alles?“ und „wie nimmt man Abschiedsworte auf Video auf?“ Sie denken über die Schönheit der Natur nach (Polarstern), erleben erotische Phantasien im Zelt.

Norway.today zeigt den Abend, die Nacht und den Morgen vor dem geplanten Sprung. Das Stück vermittelt jede Menge Einsichten in die Gründe und Abgründe der „Internet-Generation“. Nicht zuletzt deshalb avancierte Bauersima mit diesem Stück zu einem der meistinszenierten Autoren in der letzten Zeit.
Die beiden Schauspieler, die z.Zt. an den Universitäten Duisburg und Freiburg studieren, zeigten eine beeindruckende Leistung und eine starke Bühnenpräsenz, was sich auch mit ihrer langjährigen Erfahrung durch Haupt- und Nebenrollen in zahlreichen Inszenierungen (u.a. „Romeo und Julia“, „Sommernachtstraum“ und „Die Dreigroschenoper“) durch Guido Niermann an unserer Schule erklären lässt. Es gelang beiden überzeugend, dieses 100-minütige Zweipersonenstück zu tragen und das Wechselbad der Gefühle beider Charaktere rüberzubringen.

Komisch-witzige Momente stellten sich z.B. ein, als die beiden über ihre Namen Juli und August philosophierten oder August für den bevorstehenden Sprung eine Fallzeit von zehn Sekunden errechnete. Anschließend äußerte er in einem Monolog seine Befürchtung, dass sich bei ihm nach vier oder fünf Sekunden wieder diese extreme Langeweile – wie immer in seinem Leben – breit machen könnte. Andere Gespräche drehten sich um Fragen wie: „Was ist Fake und was ist echt? Muss man depressiv sein, um sich umzubringen? Hat man schon alles erlebt, ist man satt? Und ist das der Grund, seinem Leben ein Ende zu setzen, zu zweit, weil – allein wäre ja uncool?“

Der starke Applaus am Ende der Aufführung sowie die anschließenden lebhaften Gespräche unter den Zuschauern, auch mit dem Regisseur und den Schauspielern, belegten die starke Resonanz der Darbietung und der dort aufgeworfenen Fragen.

Text/Fotos: Mr T


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