Ein unvergesslicher Einblick in das Arbeitsfeld der Heilerziehungspflege

Am 12.09.2022 machten wir, die angehenden Fachabiturient/innen der FH12, uns auf eine sehr eindrucksvolle und in jedem Fall bereichernde Exkursion in die Wohnanlage St. Bernardin in Geldern-Kapellen. In Begleitung unseres Differenzierungskurs-Pflege-Lehrers Herr Mäteling ging es nach der vierten Unterrichtsstunde via Linienbus nach Kapellen. Als wir schließlich in dieser großen Wohnanlage ankamen, konnten wir nach erfolgreichem Bestehen des “Eintrittstests“ (dies stellte ein negatives tagesaktuelles Coronatestergebnis dar) eine ausführliche und facettenreiche Führung durch die riesige Wohnanlage genießen.

Wie wir gleich zu Beginn vom Hausleiter Herrn Wilmsen erfuhren, ist das St. Bernardin ein denkmalgeschütztes ehemaliges Kloster, das seit 1993 zur Caritas Wohn- und Werkstätten gGmbH (CWWN) gehört, in dem 130 Menschen mit Behinderungen aus drei Generationen vereint leben. Die Führungen wurden sowohl vom Leiter der Einrichtung, Herrn Wilmsen, als auch von einer Mitarbeiterin, Frau Kratz, und von der sehr sympathischen und bestens informierten, langjährigen Bewohnerin Frau Fink geleitet.

Während der Führungen wurde unser Pflegedifferenzierungskurs in zahlreiche kleinere Wohngruppen innerhalb der Einrichtung geführt, wo wir die Gelegenheit hatten uns die Räume anzuschauen, aber vielmehr noch mit Bewohner/innen und Mitarbeiter/innen aus der Heilerziehungspflege ins Gespräch zu kommen, um deren facettenreichen Berufsalltag kennenzulernen. Im Laufe der vier Stunden vor Ort erschlossen sich neben den Gesprächen förmlich wunderschöne „Landschaften“ für uns, denn neben dem Haus mit der neugotischen Fassade, der Statue des Hl. Bernardins und der großen Kapelle, beeindruckte uns besonders der Sinnesgarten mit Kräuter- und Blumenbeeten und die vielen Tiere – insbesondere die Hängebauchschweine Pünktchen und Anton. Auf mich, die ich den Artikel schreibe, wirkte das Ganze wie ein großes Paradies und Idyll, wozu neben dem Äußeren auch das inhaltliche Konzept des Hauses beiträgt.

Die Bewohner/innen haben die Möglichkeit, ihren Tag so zu gestalten, wie es ihnen aufgrund von ihren Bedürfnissen, ihres Gesundheitszustandes und ihrer (Lebens-) Einstellung möglich ist. Diejenigen Bewohner/innen, die körperlich “ausreichend” gesund sind, gehen einer werktäglichen Beschäftigung/ Aufgabe in einer WfbM oder in der hauseigenen Werkhalle nach. Die berenteten Bewohner/innen hingegen werden bei Bedarf gepflegt oder besitzen zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten, die das kreative, handwerkliche, geistige oder soziale Tun umfassen. Es ist eine auf jede/n und deren/dessen individuelle Ressourcen und Fähigkeiten zugeschnittene Beschäftigung und Förderung möglich, die von den Heilerziehungspfleger/innen unter Beachtung der Selbstbestimmung der Bewohner/innen geplant und fachlich begleitet wird, um ein erfülltes Leben zu ermöglichen.

Denn was wir im St. Bernardin an jeder Ecke gespürt haben, ist, dass wirklich jede/r Bewohner/in „an die Hand genommen wird“ (so wie sie/er es natürlich benötigt und möchte), nicht im Stich gelassen wird und vor allem gefördert wird!

Der Zusammenhalt unter den Bewohner/innen scheint einzigartig zu sein. Dies konnten wir konkret daran feststellen, dass Frau Fink, die eine Gruppe unseres Kurses geführt hat, beim Herumführen unserer Gruppe jeden, aber auch wirklich jedem Bewohner, der ihr bei der Führung ein wenig unbeholfen über den Weg lief, half und unterstützte. Ob diese Hilfe im Assistieren beim Blumen gießen, im Wortwechsel mit Betreuern, im Versorgen der häuslichen Hängebauchschweine oder einfach nur im Aufhalten der Türe bestand – ganz egal: Jede/r wurde von Frau Fink unterstützt und wird auch ganz generell durch jeden im St. Bernardin unterstützt. Sozialer Zusammenhalt, soziale Zusammenarbeit und damit menschliches Heil und Wohlbefinden sind das Fundament von St. Bernadin, so wie es auch das Leitbild der Caritas formuliert.

Bei vielen Gesprächen zwischen uns zeigte sich, dass wir von vielem besonders begeistert waren. Dazu gehörten auch die vielen Tätigkeiten, die allen Bewohner/innen möglich sind, wie z. B. das Gärtnern, Handwerken, Pflegen oder Gestalten und noch vieles mehr, so dass keine/r hier nur „verwahrt“ wird. Ansprechend fanden wir auch die vielen Ausflüge, von denen uns berichtet wurde, die Ferienfreizeiten u. v.m..

Den Bewohner/innen eine Aufgabe, eine Tätigkeit, einen Lebensinhalt und darüber den Selbstwert und die Sinnhaftigkeit in ihrem teils eingeschränkten Leben (wieder-)zugeben, sie in ihren Ressourcen zu fördern und diese so lange wie möglich zu erhalten, dies ist die zentrale Aufgabe der Heilerziehungspfleger/innen. Das beeindruckte viele unseres Kurses und ließ uns auch deutlich werden, warum dieser Beruf, wie uns die Mitarbeiter/innen berichteten, als so erfüllend erlebt wird.

Nachdem wir also eine sehr interessante, lebendige und facettenreiche Führung genossen hatten, wo wir nicht nur die umfangreichen Räumlichkeiten (sowohl im Innen- als auch auf dem Außengelände) erleben , sondern auch „die Welt“ innerhalb des St.Bernadin wahrnehmen durften, machten wir ein Abschiedsfoto sowie eine Abschlussrunde. Freundlicherweise wurden wir dabei ebenfalls mit kühlen Getränken, die das Personal uns bereitgestellt hatte, versorgt. Praktisch alle Mitglieder unseres Kurses fanden den Ausflug äußerst schön und vor allem ausgesprochen interessant und lehrreich, gerade auch im Hinblick auf den Beruf Heilerziehungspflege.

Am meisten angetan war unser Kurs neben der weitgefächerten Möglichkeiten für die Bewohner/innen von der Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und Teilhabe, die ermöglicht wird. Okay, die Hängebauchschweine sind natürlich nicht zu vergessen!

Nach Beendigung der Abschlussrunde machte unser Kurs sich wieder auf den Heimweg bzw. Rückweg in Richtung Liebfrauenschule. Es war ein sehr schöner und vor allem ein absolut einzigartiger Ausflug und in jedem Fall eine unvergessliche Erfahrung!

Text: Isabelle Moska (FH12/G1)
Fotos: Andreas Mäteling


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