Schillers „Maria Stuart“

Ein Publikum, das so gebannt war, dass man eine Stecknadel beim Fallen hätte hören können und zum Abschluss minutenlange Standing Ovations: Die knapp 600 Zuschauer, die bei zwei Aufführungen von Schillers Maria Stuart den wortgewaltigen Dialogen lauschten, waren angesichts einer brillanten schauspielerischen Leistung der Darsteller der Theater-AG der Liebfrauenschule begeistert. Zum wiederholten Male war es Guido Niermann gelungen, aus einem kleinen Kreis ehemaliger und aktueller Schüler des Berufskollegs des Bistums Münster innerhalb von kürzester Zeit eine homogene Schar zu bilden, die durch eine perfekte Rollenbesetzung anspruchsvolles Schultheater vom Feinsten bot.

Beispielsweise Sandra Maghs. Für die Abiturientin des Jahrgangs 1999 war es bereits die 9. Aufführung unter Guido Niermann. Sie hatte wohl einen der schwierigsten Parts der Aufführung: den von Maria Stuarts unentschlossener Gegenspielerin Elisabeth, der Königin von England. Bewundernswert bei weitem nicht nur die Menge an Text in alter Sprache, den sie beherrschte, sondern vielmehr die Art, wie sie die breite Vielfalt ihrer Gefühlswelt einfühlsam artikulierte und interpretierte.

Aber nicht nur bei ihr, sondern in gleicher Weise beim machthungrigen Leicester (Thomas Coenen), beim bedingungslos-harten Burleigh (Robin Funke), beim sanft daherkommenden Shrewsburry (Niklas Roeling) und beim treuesten Anhänger der Maria Stuart, Mortimer (Benjamin Westermann), merkte man, wie die jungen Darsteller im Laufe der Jahre mit jeder Inszenierung mehr an schauspielerischer Professionalität gewonnen haben, ja gereift sind und sich immer intensiver in das Innerste ihrer Rolle einfinden und diese überzeugend verkörpern können.

Das gilt auch für Ursula Leenders, die als Maria Stuart bravourös den Part der eingekerkerten Königin von Schottland darbot. Stimmlich, mimisch und mit Gesten gab sie ausdrucksstark Einblick in ihre Gefühlswelt, wobei sie perfekt zwischen Hass und Abneigung für ihre Schwester Elisabeth und ihrer eigenen Seelenlage vor dem drohenden Tod variierte.

Der Applaus am Ende gehörte aber auch Guido Niermann, der mit dieser Inszenierung unter Beweis stellte, dass ihm auch eher klassische Interpretationen in gleichem Maß liegen wie häufig zuvor gezeigte modernere. Für die Theaterinteressierten aus dem Gelderland bleibt zu hoffen, dass es dem engagierten Lehrer auch weiterhin gelingt, anspruchsvolle Theaterarbeit mit talentierten ehemaligen und aktuellen Schülern der Liebfrauenschule auf die Bühne zu projizieren.

Text und Fotos: Ewald Hülk


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