Selten, aber nicht zu vergessen – Die seltene Erkrankung Osteogenesis imperfecta wird ins Licht gerückt

Herr Rouven Dalmer, ein Mann mit Osteogenesis imperfecta („Glasknochenkrankheit“), verschaffte uns, dem Kurs Gesundheitswissenschaften der AH/12, einen interessanten Einblick in sein Leben.

Seit ein paar Wochen arbeiten wir, der Kurs der AH/12, im Fach Gesundheitswissenschaften Vorträge zum Thema „Seltene Erkrankungen“ aus. Leider wird nämlich den Betroffenen und dem Thema Seltene Erkrankungen im Allgemeinen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Somit haben wir uns als Ziel gesetzt, uns gegenseitig, aber auch andere Menschen über verschiedene seltene Erkrankungen zu informieren. Um uns einen besseren Einblick in das Leben der Betroffenen zu verschaffen, haben wir Betroffene eingeladen, uns in der Schule „zu besuchen“.

Am 28.10. war es dann soweit, wir hielten unseren Vortrag über die Osteogenesis imperfecta, abgekürzt auch OI. Die Osteogenesis imperfecta ist eher unter dem Begriff „Glasknochenkrankheit“ bekannt. Die OI ist eine Erbkrankheit, bei der die Knochen leicht zerbrechlich sind und diese im Röntgenbild eine glasige Struktur aufweisen. Als Betroffenen der OI luden wir Herr Rouven Dalmer in die Schule ein. Coronabedingt entschieden wir uns dazu, auf einen Besuch vor Ort zu verzichten. Jedoch war er so freundlich und hat sich die Zeit genommen und sich für uns die Mühe gemacht, ein Video zu drehen.

Herr Dalmer hat Typ III der Osteogenesis imperfecta. Grundsätzlich gehört der Typ III zur Extremform. Hierbei kommen oft starke Knochenverformungen und Kleinwuchs vor. Bei Verformungen der Wirbelsäule sind Betroffene oftmals auf einen Rollstuhl angewiesen, da sie nicht gehen können. Herr Dalmer hat eine stark ausgeprägte Skoliose (Verkrümmung der Wirbelsäule). Er ist ebenfalls Rollstuhlfahrer und hat zum Beispiel für die Dusche einen Duschhocker, da er nicht lange freihändig stehen kann. Zusätzlich hat er deformierte Unterarme, einen deformierten Brustkorb und eine ausgeprägte Höreinschränkung. Diagnostiziert wurde es bei ihm an seiner Geburt. Schon mit zwei gebrochenen Armen und mit beiden gebrochenen Ober -und Unterschenkel kam er zur Welt.

Natürlich ist der Alltag bei ihm etwas anders. Er braucht ein paar Handgriffe mehr, aber macht sich sonst keine großen Gedanken. Bei ihm im Alltag spielen die Glasknochen keine große Rolle. Die Ausnahme ist dann mal im Supermarkt. Herr Dalmer nimmt sich für seinen Einkauf einen Kindereinkaufswagen, jedoch sind manchmal die Rollen von dem Einkaufswagen ziemlich schwergängig. Ansonsten gibt es noch Hilfsmittel, die ihm im Alltag begleiten, diese sind der Rollstuhl, der oben genannte Duschhocker und im Haushalt eine Greifzange.

Herr Dalmer fährt einen Toyota, der sich äußerlich erst einmal nicht von anderen Autos unterscheidet. Das Besondere ist im Inneren des Autos. Sein Fahrersitz ist auf ihn persönlich angepasst und die Fußpedale sind hochgesetzt. Hinten ist die Sitzbank ausgebaut, damit ist Platz für seinen Rollstuhl geschaffen. Im Heck ist eine Hebebühne eingebaut, heißt er kann sitzend in seinem Rollstuhl von Hinten ins Auto reinrollen. Vom Rollstuhl aus kann er sich dann auf den Fahrersitz setzen, der sich um 45 Grad drehen kann, sodass er sich von der Seite nach vorne drehen kann.

Tendenziell wird der Begriff „Glasknochenkrankheit“, wie Herr Dalmer uns mitteilte, unter den Betroffenen abgelehnt, da sie es nicht als eine Krankheit ansehen, sondern eher als eine Behinderung, deshalb spricht man lieber von „Glasknochen haben“. Uns hat es sehr interessiert, wie Herr Dalmer dazu steht. Er bestätigte uns die Aussage, indem er Beispiele für eine Krankheit brachte, z. B Schnupfen. Seiner Meinung nach kann man dort von Krankheit sprechen, aber wenn ihn jemand fragt, was er hat, dann sagt er, dass er Glasknochen hat.

Passend zum Thema der Organisation haben wir Herrn Dalmer gefragt, ob er sich unterstützt fühlt und ob er denkt, dass beispielsweise die OI genug Aufmerksamkeit bekommt. Daraufhin hat er uns geantwortet, dass sich das Forschungswesen eher auf die Volkskrankheiten konzentriert, was definitiv nicht verkehrt ist, dass betonte er extra noch einmal, aber es sei dringend, dass die Forschung bei der OI oder anderen seltenen Erkrankungen intensiviert wird. Er ist der Meinung, dass, wenn mehr Forschungsarbeit betrieben worden wäre, es bestimmt schon deutliche Fortschritte sowohl für Betroffene, als auch für die nächste Generationen gäbe.

Durch sein Verhalten und seine Sicht auf die jeweiligen Dinge in seinem Leben konnten wir uns erschließen, dass er ein sehr positiver Mensch ist, der bewundernswert mit der OI umgeht. Wir danken Herrn Dalmer sehr, dass er sich Zeit für uns genommen hat und unsere Fragen vorab ausführlich beantwortet hat. Dank Herrn Dalmer wurde unser Vortrag lebendiger und der ganze Kurs konnte von seinem persönlichen Video sehr profitieren. Wir freuen uns schon auf das Frühjahr, wenn wir ihn dann hoffentlich hier vor Ort begrüßen dürfen.

Text: Selina Hoffmann, Paula van de Meer (AH12S2)
Fotos: Andreas Mäteling


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