Schule unter Coronabedingungen – normal ist hier gar nichts (5. Impuls)

Prüfungen unter Coronabedingungen, Unterricht unter Coronabedingungen – irgendwie sieht es relativ gespenstisch aus, auf halb gefüllte Klassenräume zu blicken, in denen Schülerinnen, Schüler und Studierende an Einzeltischen mit dem gebührenden Abstand ihre Masken ablegen, teilweise still, teilweise aber auch ganz „normal“, laut, lärmend, lustig. Ein fremder Anblick, an den wir uns wohl erst einmal gewöhnen müssen. Gewöhnen? Wollen wir das? Kann/will ich mich an einen Ausnahmezustand gewöhnen? Man sagt, dass man sich an ein Leben mit dem Coronavirus gewöhnen müsse, dass es für längere Zeit eine neue Normalität geben solle. Ich weiß nicht, was ich von diesem Gedanken halten soll. Da ich sowieso ein Mensch bin, der viel hinterfragt und gerne nachdenkt, fühlt sich für mich im Moment ganz und gar nichts normal an. Onlineunterricht? Nicht normal, keine wirkliche Begegnung miteinander. Präsenzunterricht? Auch nicht normal, halbe Klassen, Einzeltische, alles frontal. Begegnungen im Lehrerzimmer? Maske auf, Maske ab, leere Stühle, Achten auf Abstand, keine Berührung, nicht normal. Schulgottesdienste? Finden nicht statt, nicht normal. Die Vielfalt der verschiedenen Meinungen, was die Einschätzung der Pandemie angeht? Irgendwie auch nicht normal, es wäre so schön, wenn alles ganz klar wäre.

Mein Problem: Die so genannte neue Normalität ist geprägt von Distanz. Und wenn ich mir das bewusst mache, fühle ich mich wie eine trotzige Pubertierende. Das will ich nicht. Hilft aber auch nichts. Denn wir müssen alle da durch. Trotzig oder nicht, gelassen oder entschieden, das Virus begleitet uns jetzt erst einmal durch unser Leben. Und dazu gehört ein großes Maß an Unsicherheit. Daran kann ich nichts ändern. Der Wunsch nach einer neuen Normalität entspringt dem Streben, sich nicht dauerhaft im Ausnahmezustand zu befinden. Aber so weit bin ich noch nicht. Für mich ist das alles ein – hoffentlich irgendwann wieder endender – Ausnahmezustand.

Wir feiern am Donnerstag Christi Himmelfahrt. Bevor Jesus zum Himmel auffährt, segnet er seine Jünger und gibt ihnen einen Auftrag. Sie sollen Zeugen sein, Zeugnis ablegen, sich versöhnen mit allen widrigen Umständen und eine große Hoffnungsbotschaft verkünden: Alle Menschen sollen erfahren, dass Jesus für ihre Sünden gestorben ist, damit sie leben können. Für heute nehme ich mir vor, mich gesegnet zu fühlen und mich mit den Umständen zu versöhnen. Im Bezug auf Menschen gelten für mich die Worte von Weizsäckers: „Es ist normal, verschieden zu sein.“ An Christi Himmelfahrt nehme ich mit in die Coronakrise: Es ist normal, dass nichts normal ist. Gott, segne uns.

Text: Barbara Roghmanns
Bilder: Andrea van Huet, Anne Görtz


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