Für Miteinander-Momente im Dasein und Mitgehen: Einblicke in die Kinder- und Jugendhospizarbeit im Regenbogenland Düsseldorf

In unserem Gesundheitswissenschaftsunterricht bei Herrn Mäteling haben wir uns mit dem spannenden Thema „Seltene Erkrankungen“ auseinandergesetzt. Als großes Extra hatten wir das Glück, mehrfach Besuch zu bekommen. Einerseits von Menschen, die als Erkrankte oder Angehörige selbst betroffen sind, andererseits von Personen, die als Professionelle die von seltenen Erkrankungen Betroffenen beraten, betreuen und pflegen.

Gerade aus dem Besuch von Eltern, die von seltenen Erkrankungen betroffene Kinder haben, wussten wir schon, was das für eine Herausforderung für die ganze Familie bedeutet, zu der oft auch Geschwisterkinder gehören. Solche Familien benötigen Unterstützung. Dass es diese gibt und wie sie aussehen kann, erfuhren wir von Frau Mertens, die als Sozialarbeiterin im Kinder- und Jugendhospiz Regenbogenland Düsseldorf arbeitet.

Dieses Haus ist eines der vier Kinder- und Jugendhospize in NRW. Dort begegnet der Sozialarbeiterin seit sechs Jahren täglich das Thema Sterben, Trauer und Tod, aber vielmehr noch das Thema LEBEN in allen Facetten. So lautet denn auch das Motto der Kinder- und Jugendhospizarbeit: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ (Cicely Saunders, Begründerin der Hospizarbeit)

Zu Beginn der Stunde kamen wir aber zunächst alle mit der Erwartung in den Raum, dass uns gleich nur eine traurige Stimmung bedrücken würde. Diese Befürchtung trat dann aber gar nicht ein. Durch Frau Mertens belebende Stimme und ihre Worte ermöglichte sie uns eine ganz andere Sichtweise auf das Leben und Arbeiten in einem Kinder- und Jugendhospiz. Im Gegensatz zu Erwachsenenhospizen, wo die Menschen mit unheilbaren und lebensverkürzenden ihre letzten Lebenswochen verbringen und folglich meist auch sterben (was nicht selten zu ca. 150 Todesfällen pro Jahr führt), sterben im Kinder- und Jugendhospiz „nur“ ca. 10-15 lebensverzkürzend erkrankte Kinder- und Jugendliche.

Das Kinder- und Jugendhospiz, in dem in der Regel Kinder und Jugendliche mit lebensverkürzenden Erkrankungen aufgenommen werden, zu denen gerade auch viele seltene Erkrankungen zählen, ist vielmehr ein Entlastungsort für deren Eltern und Geschwisterkinder. Meist verbringen die Familien dort fünf bis zehn Tage mit dem erkrankten Kind. Der längste Aufenthalt, den Frau Mertens in ihren sechs Jahren als Sozialarbeiterin erlebt hat, waren 9 Wochen. Kinder versterben eher selten unerwartet im Hospiz. Wenn sie wissen, dass sie in Kürze sterben werden und das zu Hause nicht geht, kommen sie in das Kinder- und Jugendhospiz, um noch einmal die letzten Tage mit Leben zu erfüllen.

Momentan sind sieben von zehn Plätzen im Regenbogenland belegt. Wie auch wir das kennen, so wollen die Jugendlichen eher weniger mit den Kleineren zu tun haben, weil sich schlicht andere Bedürfnisse haben. Daher wurde das ursprüngliche Kinderhospiz vor wenigen Jahren um ein Jugendhospiz in einem separaten Gebäude erweitert. Dieses Jugendhospiz bietet fünf Plätze, in denen die Betroffenen zum Beispiel Fifa zocken können oder auch kleine Partys feiern.

Insgesamt arbeiten ca. 70 Mitarbeiter*innen im Regenbogenland. Dazu zählen Pflegekräfte, Sozialarbeiter*innen, Seelsorger*innen u. v. m. An einem Tag sind allein ca. 40-45 Personen im Einsatz. Eine Pflegerkraft betreut max. zwei erkrankte Kinder bzw. Jugendliche. Dabei geht es nicht nur um Pflege im engeren Sinne, sondern um eine ganzheitliche Betreuung, zu der auch zählt, mit den Kindern zu spielen usw.

Wir erfuhren aber nicht nur, wie die Häuser aussehen, für wen sie bestimmt sind und welche Berufsgruppen dort arbeiten, sondern auch, wie alles finanziert wird und was die inhaltliche Arbeit ausmacht. Einen großen Teil der Kosten übernehmen die Krankenkassen. Diese decken jedoch nicht den ganzen Bedarf ab, daher ist das Hospiz auch dringend auf Spenden von Konzernen und Einzelpersonen angewiesen. Mit diesen Spenden wird die soziale und pädagogische Arbeit für die erkrankten Kinder und für die Geschwisterkinder finanziert, für die Frau Mertens zuständig ist. Zu ihren Aufgaben gehört es unter anderem, Aktivitäten für die Geschwisterkinder anzubieten (z. B. Ausflüge in Tier- und Freizeitparks, zu Fußballspielen), in denen sie für einen Moment die Probleme der Eltern und des erkrankten Geschwisterkindes vergessen können oder auch Workshops, in denen sie Bewältigungsstrategien im Umgang damit erlernen.

Hier stehen dann die Geschwisterkinder im Mittelpunkt, was sie in ihren Familien nur selten erleben dürfen. Falls ihr mal im Lotto gewinnen solltet, wisst ihr nun, wo die Spende richtig angelegt wäre. Euer Geld wäre super angelegt! Denn wenn ihr in deren Lage wäret, würdet ihr euch mit Sicherheit auch freuen, wenn sich sogar unbekannte Leute um euch sorgen. Um den Kindern aber auch im Hospiz die (räumliche) Nähe zu ihren Eltern zu ermöglichen, gibt es insgesamt sieben Elternappartements, die ähnlich wie ein Hotelzimmer ausgestattet sind. Die Jugendlichen legen darauf meist weniger Wert.

Sollte ein Kind, was wie gesagt ca. 10 bis 15 Mal im Jahr vorkommt, seine letzten Lebenstage im Kinderhospiz verbringen, liegt es in einem eigenen Kinderzimmer. Die Mitarbeiter bieten den Eltern dann an, dass sie ihr Kind noch einmal waschen dürfen, bevor es in den Abschiedsraum gebracht wird. Für manche erscheint es seltsam, wenn du jedoch als Elternteil in diese Situation kommst würdest, würdest du wahrscheinlich alles dafür tun, deinem Kind noch ein letztes Mal so nahe zu kommen, wie es nur geht. Die Berichte darüber sind uns ganz schön nahe gegangen, aber Frau Mertens hat das alles so gefühlvoll erzählt, dass es irgendwie schon wieder „schön“ klang.

Als Gedenkort für die verstorbenen Kinder gibt es ein Atrium im Kindergebäude, in welches bemalte Steine gelegt werden, auf denen der Name des Kindes steht. Manchmal sind es auch die Pfleger*innen die hier einen Stein niederlegen, falls es die Familien nicht selber tun. Voller Begeisterung erzählte Frau Mertens, dass manche Tage für die Kinder im Kinderhospiz wahrscheinlich so schön sind, dass sie am liebsten kurz die Zeit anhalten möchten. Das kann die Zeit sein, in der der Klinikclown vorbeischaut, um den Kindern Spaß zu bringen oder die Hunde im Rahmen der tiergestützten Therapien. Für Frau Mertens ist es ein Beruf zum Dasein und Mitgehen, wie sie es uns beschrieben hat. Es ist eine sehr intensive zwischenmenschliche Arbeit mit lebensverkürzend erkrankten Kindern und Jugendlichen, deren Geschwister und Eltern.

Frau Mertens hat uns mit dem Einblick in die Arbeit im Kinder- und Jugendhospiz und in ihr eigenes Erleben stark über die Werte im Leben nachdenken lassen. Wir hoffen, dass wir euch durch unseren Beitrag berühren und die Augen öffnen konnten, um gerade auch die kleinsten Dinge im Leben auf eine wunderbare Art zu genießen. Gebt euren Tagen mehr Leben!

Text: Katharina Schink (AH12/F)
Fotos: Andreas Mäteling


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