Vom Leben mit Morbus Parkinson und den Chancen einer Selbsthilfegruppe

Im Rahmen der Unterrichtseinheit zum Thema Parkinson durfte die HEP/O am 13. März Frau B. aus der Parkinson-Selbsthilfegruppe Geldern und Kempen in ihrem Unterricht begrüßen.

Morbus Parkinson. Schon oft gehört und verbunden mit unkontrolliertem Zittern der Hände und einer vornübergebeugten Körperhaltung. Aber ob das so stimmt? Mit der Frage hatten wir uns schon im Unterricht auseinandergesetzt und viel dazu gelernt, aber am 13. März 2019 besuchte uns dann Frau B., die vor 4 ½ Jahren die Diagnose Morbus Parkinson bekam, unsere Klasse und wir konnten aus erster Hand vom Leben mit Morbus Parkinson erfahren. Sie kam genauer gesagt auch als Vertreterin der Parkinsongruppe Geldern und Kempen, um uns einiges über die Erkrankung zu erzählen und vor allem auch, um uns einen Einblick in ihr Leben zu geben und uns als angehende Heilerziehungspfleger/innen so für die Bedürfnisse aus Sicht einer Betroffenen zu sensibilisieren.

Frau B. ist 57 Jahre alt und sehr textilbegeistert. Sie erzählte der HEP/O, dass sie sehr viel strickt. Da schießt einem doch direkt die Frage in den Kopf: „Wie funktioniert das, wenn die Hände unkontrollierbar zittern?“. Das lässt sich einfach beantworten. Nicht bei jedem ist sofort ein ausgeprägter Tremor vorhanden, auch wenn das ein Kardinalsymptom von Parkinson ist. So darf man also nicht jeden über einen Kamm scheren. Bei Frau B. ist die Parkinsonerkrankung noch nicht so weit fortgeschritten und sie leidet somit weniger am Tremor (so nennt man das Zittern, auch unterschieden in Ruhe- und Aktionstremor). Wir haben Frau B. als eine sehr offene und humorvolle Frau erlebt. Sie hat viel gelacht und Witze gerissen und hatte immer einen guten Spruch auf Lager, trotz des ernst zu nehmenden Themas. So wurde die Stimmung innerhalb der Runde locker und gleichzeitig auch offener. Dann kamen die Fragen ganz von alleine.

Da Frau B. als Vertreterin der Parkinson-Selbsthilfegruppe in die Klasse kam, war eine der ersten Fragen, was dort in der Gruppe besprochen wird und ob es ihr hilft. Wir erfuhren, dass sich die Gruppe alle acht Wochen trifft und dass man über alles spricht, was ansteht – sowohl über Belastendes, wie das Leben mit den Auswirkungen mancher Symptome, aber vielmehr auch über Schönes. Zum Beispiel besuchen sie sehr oft gemeinsam Kliniken, die bei den Erkrankten sehr beliebt sind, um mehr über die Therapiekonzepte zu erfahren, die auch für einen selber hilfreich sein önnten. Auch hören sie sich gemeinsam Vorträge von Professoren an, laden Vertreter von Gymnastikgeräten ein, um sich deren Nutzen zum Erhalt und zur Förderung der eigenen Beweglichkeit erklären zu lassen, oder besprechen andere, die Erkrankung betreffende Themen (z. B. Fragen der Finanzierung von Medikamenten). Durch die Mitgliedschaft in der Gruppe und die damit verbundenen Treffen, sollen Betroffene und Angehörige die Krankheit Morbus Parkinson besser kennen lernen, den neuesten Stand der Therapiemöglichkeiten erfahren, sich gezielt Perspektiven für vorhandene und kommende Probleme aneignen und die Ängste vor den krankhaften Veränderungen des Körpers abbauen.

Die Gruppe besteht regelmäßig aus 25 Erkrankten, bei denen die Krankheit unterschiedlich ausgeprägt ist. Einige Mitglieder der Gruppe sind bereits verstorben, andere sitzen im Rollstuhl, wieder andere sind nach sehr vielen Jahren der Diagnosestellung noch als „Fußgänger“ unterwegs. In der Gruppe herrscht ein offenes Miteinander. Alle Mitglieder der Selbsthilfegruppe sind zugleich Mitglieder der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V. „Es sind dort sehr nette Leute. Wir sprechen offen über alles, sobald man sich traut. Es ist nicht so, wie man sich vorstellt, dass alle sagen „uns geht’s ja so schlecht. Und – vor allem – es gibt Kuchen.“

Eine der nächsten Fragen war, wie Frau B. mit der Erkrankung im Alltag umgeht. Ganz am Anfang bemerkte sie, dass sie mehr Pausen brauchte als vorher. Sie wurde medikamentös eingestellt und bekam eine kürzere Arbeitszeit zugeteilt, da die Ermüdung doch schneller eintritt und man sich rascher schlapp fühle als früher. Wichtig ist es auch, die L-Dopa-Präparate immer zu festen Zeiten einzunehmen. „Parkinson ist wie ein Begleiter. Er ist immer da und läuft halt mit, aber ich bin zum Glück mehr als nur eine Parkinsonerkrankte“, so Frau B.

Als Frau B. ihre Diagnose bekam, so erzählte sie, habe sie ein halbes Jahr nur geweint. Sie hatte immer mal wieder Tiefpunkte, es war nicht steuerbar. Ihr Mann sagt, sie habe zwei Jahre gebraucht um sich nicht mehr runterziehen zu lassen. „Im Moment geht es mir gut. Sehr gut sogar. Ich habe mir abgewöhnt, mir langfristige Gedanken zu machen.“

Wichtig war uns auch zu wissen, welche Unterstützung sie bekommt. Diese erhält sie vor allem von ihrem Mann und ihrer Tochter. Ihr Mann habe sie anfangs ständig zum Arzt gezerrt. Er sei ihre Stütze und ein großes Glück, wie sie uns berichtete.

Aufgrund ihrer Erkrankung musste Frau B. zweimal für acht Monate krankgeschrieben werden. Frau B’s Therapie besteht aus Medikamenten, Physiotherapie sowie Logopädie und Ergotherapie. Hier ist es wichtig zu wissen, dass eine gute Therapie nur von einem multiprofessionellen Team geleistet werden kann. Vor allem will Frau B. die Psychotherapie hervorheben. Sich plötzlich mit Morbus Parkinson auseinandersetzen zu müssen, wovon man vorher kaum etwas wusste, und jetzt plötzlich selbst davon betroffen zu sein, sei der härteste Schlag gewesen. Selbst die Familie kann da kaum mithelfen, da die Familienmitglieder auf ihre Art auch durch die Diagnose betroffen sind. Daher ist es wichtig, stets von einem Psychotherapeuten begleitet zu werden.

Frau B. endete damit, indem sie uns berichtete, dass sie seit der Diagnose jeden Tag mehr genießt, wohlwissend darum, dass die Zukunft anders aussehen wird: „Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben geben.“

Bei Fragen oder eigenem Interesse:
Telefon: 02831 – 2326
E-Mail: dpv-geldern-kempen@gmx.de

Text: Vanessa Augustat (HEP/O)
Fotos: Andreas Mäteling
Header (Wolke): https://www.gesundheits-magazin.net/114224-morbus-parkinson-eine-krankheit-auf-dem-vormarsch.html/


Kommentare

  1. Wolfram Mutz sagt:

    Ich habe die Diagnose Morbus Parkinson im April 2022 vom Neurologen Binder in Herbolzheim/Ortenaukreis bekommen. Ich habe mich einer T-Tennisgruppe aus Ettenheim angeschlossen und spiele außerdem mit einem gleichaltrigen (gesunden) Kollegen von früher fast jeden Donnerstag Nachmittag 1 Stunde intensiv T-Tennis. Die Bewegungen sind etwas eingeschränkt bei mir, aber es geht noch ganz gut. Doppel habe ich in einer Gruppe probiert, aber beim Rückwärtslaufen habe ich wieder Trippelschritte gemacht und bin gestürzt. Damit ist das Doppel spielen vorläufig erledigt.
    Die Arbeit im Garten am Haus muss ich langsam aber vorsichtig erledigen. Beim Rückw. gehen bin ich mal in den Komposthaufen gestürzt, meine Frau musste mich herausholen, weil ich alleine das nicht konnte. Es ist mir nichts passiert, aber wir haben laut gelacht. Ich gehe zur Physio- und Ergotherapie in Lahr.

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