Multiple Sklerose und Bewegung – was ist zu beachten?

Am 28.04.2017 wurde die Oberstufenklasse der Heilerziehungspfleger von Carina Bauer, einer Physiotherapeutin, besucht und über die Besonderheiten von Menschen mit Multiple Sklerose in Bezug auf Sport und Bewegung aufgeklärt. Carina Bauer arbeitet selber im Reha Zentrum in Geldern und betreut täglich Menschen mit MS.

Da manche von uns bereits im beruflichen oder privaten Kontext Erfahrungen mit MS-Erkrankten gemacht haben und auch im Unterricht der Fächer Gesundheit/Pflege und Psychomotorik viel Fachliches dazu gelernt haben, war der ergänzende und vertiefende Vortrag der Referentin sehr berufsbezogen und aufschlussreich.

Gleich zu Beginn wies Carina Bauer darauf hin, dass Sport und Bewegung fester Bestandteil des Alltags jedes MS-Erkrankten sein sollten, nicht zuletzt, weil es auch das Selbstvertrauen fördert und Depressionen mildert bzw. vorbeugt, die häufig mit einer MS einhergehen.

Typische Symptome wie Koordinationsstörungen, Schmerzen und Missempfindungen, Schwäche der Gliedmaßen, Spastiken oder Lähmungen, Stand- und Gangschwierigkeiten, Beckenbodenschwäche aber auch Mobilität- und Motorikverlust sowie Depressionen können durch verschiedene Übungen und regelmäßiges Trainings vermindert, beziehungsweise erträglicher gemacht werden, so Bauer. Beispielsweise nannte sie uns Gleichgewichtsübungen und das so genannte Sensitraining (das Spüren von Berührungsreizen und die Wahrnehmung des eigenen Körpers). Zusätzlich ist es von höchster Wichtigkeit, die Gliedmaßen des MS-Erkrankten täglich zu dehnen und zu massieren, um Kontrakturen zu vermeiden und um die Beweglichkeit bestmöglich zu erhalten. Hier sind auch in besonderer Weise wir als Heilerziehungspfleger/innen gefordert, wenn wir für die Pflege von MS-Betroffenen verantwortlich sind. Dazu kommen präventive Maßnahmen wie das Besuchen einer Gangschule, gezieltes Beckenbodentraining und komplexe Übungen zur Koordination. Carina Bauer gewährte uns Einblick in ihren beruflichen Alltag und berichtete von ihren Erfahrungen mit der Krankengeschichte eigener Patienten. Dabei betonte sie stets, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Familien und Freunden von Menschen mit MS sei und dass die sozialen Kontakte gepflegt werden müssen. Dies sei auch ein Grundbaustein um einer Depression entgegen zu wirken.

Bauer nannte uns in ihrem Vortrag die drei wichtigsten Trainingsregeln bei MS-Erkrankten, welche durchgehend zu berücksichtigen sind:

1. Fehl- und Überbelastungen vermeiden
(Leichte Aufwärmübungen, Pausen während des Trainings einhalten, Erholung und Ruhe nach dem Sport und kein Training bei zu hohen Temperaturen!)

2. Belastungsgrenzen/ Leistungsgrenzen erkennen (Gemeinsames Erarbeiten von „Bis wo kann ich gehen?“ und „Wo ist mein Limit?“)

3. Warnsignale erkennen bei Überbelastung (Zum Beispiel Taubheit oder Kribbeln in einzelnen Gliedmaßen, erhöhter Blutdruck, Verschwommen-Sehen und die Herzfrequenzkontrolle)

Carina Bauer führte uns auf, welche Sportarten besonders geeignet für Menschen mit MS sind. Dabei empfiehlt sie, die Aktivitäten immer innerhalb einer Gruppe auszuführen, um den Aspekt der Sozialkontakte zu untermauern. Wassergymnastik, Yoga, Pilates, Tanzen, Klettern und Fahrrad fahren stehen dabei auf dem Programm. Sie sagte uns, dass ihre Hauptaufgabe das regelmäßige Motivieren und Animieren ihrer Patienten sei. Den meisten muss sie positiv zureden, damit sie sich erstmalig an Sportarten herantrauen und sich zur Selbsttätigkeit ermutigen. Carina Bauer stellt dabei eine große Unterstützung dar, um solche Blockaden zu überwinden. Sie betonte aber auch die große Bedeutung der Arbeit im Multiprofessionellen Team, zu dem auch wir als angehende Heilerziehungspfleger/innen gehören. Nur gemeinsam könne man den Menschen mit MS dabei helfen, eine möglichst hohe Lebensqualität zu erhalten.

Auch bei bettlägerigen MS-Erkrankten hilft sie, so gut sie kann. Durch intensive Gespräche, feste Massagen der Muskeln und gleichmäßiges Dehnen der Gliedmaßen versucht sie als Physiotherapeutin den Ist-Zustand ihrer Patienten zu verbessern. Für sie ist es eine Herzensangelegenheit, welche sie uns, der HEP/O, ein ganzes Stück näher gebracht hat. Dafür sagen wir Danke!

Text: Hannah Jacobs (ehem. HEP/O, jetzt HEP/B)
Fotos: Thomas Cöhnen & GeldernMed


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