„Paloma in action“ – Eine junge Frau mit Tetraparese begeistert die SAS/O

Zur Vorbereitung auf unser nächstes Praktikum in verschiedenen Einrichtungen der Behindertenhilfe besuchte uns am 26.09.2016 die 22-jährige Paloma Olszowka aus Mettmann, um uns von ihrem Leben mit körperlicher Behinderung zu berichten. Paloma hat eine spastische Tetraparese, die durch einen Sauerstoffmangel während der Geburt verursacht wurde. Sie hat eine spastische Lähmung an beiden Beinen und Armen und auch ihre Hals- und Rückenwirbel sind betroffen. Sie ist daher auf einen Rollstuhl angewiesen und erhält rund um die Uhr eine persönliche Assistenz, d.h. sie hat immer eine fachliche Begleitung bei sich.

Obwohl wir uns auf das Treffen mit Paloma vorbereitet haben (Infos über die Behinderung eingeholt, Fragen gesammelt…), waren wir ein bisschen ängstlich und unsicher, wie das Gespräch wohl verlaufen würde. Auch hatten viele von uns schon vorher Mitleid und dachten: „Oh, wie schrecklich, so eine junge Frau und so eine krasse Behinderung.“

Tja, und dann kam Paloma in Begleitung mit ihrer Assistentin Mia. Paloma war top modisch gekleidet mit einem stylischen schwarzen Hut auf dem Kopf, super geschminkt und mit einem schicken Piercing. Wau! Hinzu kamen ihr strahlendes Lächeln und ihre offene Art, was sofort dazu geführt hat, dass sich unsere Ängste und Befürchtungen in Luft auflösten.

Wie selbstverständlich berichtete uns Paloma, wie sie als Kind unter ihrer Behinderung gelitten hatte. Ihre Eltern, die inzwischen getrennt leben und zu denen sie heute kaum Kontakt hat, kamen mit ihrer Behinderung nicht zurecht, sodass sie die meiste Zeit in verschiedenen Heimen bzw. Internaten lebte. Erst als junge Volljährige hat sie mithilfe einer Mädchen- bzw. Frauengruppe an Selbstbewusstsein gewonnen und sich gegen ein Wohnheim und für eine selbständige Lebensführung entschieden. Dafür musste sie hart kämpfen. Immer wieder gab es Auseinandersetzungen mit verschiedenen Behörden über z.B. Zuständigkeiten, Kostenübernahmen usw. Auch gegen Vorurteile aus ihrem direkten Umfeld hatte sie zu kämpfen. Ihre Familienmitglieder und so manche Bekannte haben ihr eine selbständige Lebensführung nicht zugetraut, aber Paloma hat sich durchgesetzt. Ihr Motto: „Sei Du selbst und lass Dir nicht von anderen sagen, wie Du leben sollst!“ Das sagt sie nicht nur, sondern so lebt sie auch.

Paloma wohnt jetzt eigenständig in einer kleinen Wohnung und wird über einen Assistenzdienst von verschiedenen Assistentinnen, die sie sich selber aussucht, betreut. Sie wird bei den verschiedenen alltäglichen Angelegenheiten, wie Nahrungsaufnahme und Körperpflege unterstützt und bei allen Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Wohnung begleitet. Dabei ist für Paloma, so wie sie selbst sagt, die Assistenzkraft ein selbstverständlicher Teil ihres Lebens. Sie hat großes Vertrauen zu ihnen und auch die Assistentin Mia, eine Medizinstudentin aus Düsseldorf, die Paloma zu uns begleitet hat, berichtet, dass nach einer kurzen Kennenlernphase nun alle Handgriffe automatisch ablaufen. Nur außerhalb der Wohnung, vor allem wenn sie mit Bus und Bahn unterwegs sind, zeigt sich, dass ein Leben mit Handicap nicht immer leicht ist. Oft sind Eingänge nicht oder nur teilweise behindertengerecht, Aufzüge defekt oder erst gar nicht vorhanden und barrierefreie Toiletten „gut versteckt“. Aber Paloma lässt sich von nichts aufhalten und so hat sie auch die fast 2,5 stündige Fahrt nach Geldern „locker überstanden“.

Uns wurde im Gespräch mit Paloma schnell klar, dass für Paloma selbst die Behinderung absolut im Hintergrund steht. Entsprechend ihrer Devise „Ich bin nicht krank, ich bin nur behindert“ berichtete sie uns ausführlich über ihre Interessen, Aktivitäten und Hobbys. So ist sie in einer Frauengruppe aktiv und setzt sich auch auf politischer Ebene für mehr Rechte von Mädchen und Frauen mit und ohne Beeinträchtigung ein. Wir staunten nicht schlecht, als sie erzählte, dass sie bei der nächsten Demonstration gegen das neue Teilhabegesetz dabei sein wird und dass es verschiedene YouTube-Filme gibt, in denen sie ihre Meinung zu verschiedenen alltäglichen und politischen Themen äußert. Auch schreibt sie Geschichten über ihr Leben mit Behinderung und ein entsprechendes Buch mit ihren Geschichten ist bereits in Planung. Als sie uns dann noch ihren Modelkatalog zeigte, kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Paloma wird regelmäßig von verschiedenen Agenturen angefragt, macht Fotoshootings und hat dabei schon in den tollsten Outfits gepost. Schnell waren wir uns einig: Paloma ist unser „Germanys` next Topmodel“!

Insgesamt waren wir von Paloma und ihrem Besuch bei uns tief beeindruckt. Sie will und braucht kein Mitleid von uns. Im Gegenteil: Sie ist ein Vorbild für uns. Sie zeigt mit ihrer positiven Lebenshaltung und ihrer kämpferischen Art, wie man sein Leben (egal ob mit oder ohne Behinderung) eigenverantwortlich und selbstbestimmt leben kann.

Paloma, DANKE, dass Du bei uns warst.

Text: Karin van Bonn
Fotos: Corinna Janßen (SAS/O),
Bildquelle: www.collabor.idv.edu

p.s.:
1. Paloma Olszowka freut sich über jeden Kontakt unter: ploemchen@googlemail.com und über neue Abonnenten bei Facebook und YouTube unter: Paloma in action
2. Paloma hat uns eine Geschichte mitgebracht, die sie extra für uns geschrieben hat. Für alle Interessierte ist sie zu finden unter: Die Geschichte „Das Leben ist steinig“.

„Das Leben ist steinig“ – Eine Geschichte für die SAS/O

Hey meine Lieben, puh das Leben ist steinig. Wisst Ihr auch warum?
Weil das Leben Euch immer wieder neu auf die Probe stellt, z.B. in der Pubertät oder bei der ersten große Liebe. Ich finde sowas ist wie eine Mathearbeit. Wenn Ihr nicht auf die Lösung kommt, hört einfach auf euer Herz… oder was Mathe betrifft, auf euer schlaues Gehirn.
Das Leben hat immer neue Aufgaben für euch und wenn Ihr in der Gesellschaft das Gefühl habt, nicht so angenommen zu werden, wie ihr seid, dann macht bitte trotzdem weiter euer Ding! Denn jeder Mensch ist einzigartig auf seine Weise. Und wenn euch Leute nicht so ak-zeptieren, wie ihr seid, dann lernt auf eigenen Beinen zu stehen und lernt euch selbst zu lie-ben.
Aus diesen Gründen ist mein Vorbild Steven Hawking. Er hat sich nie unterkriegen lassen von seiner Krankheit und so viel erreicht. Deshalb könnt ihr das auch, selbst wenn der Weg noch so steinig ist. Jeder hat doch schließlich einen kleinen Makel. Bei manchen ist er nur weniger ausgeprägt als bei anderen. Das Leben wird erst durch die Unterschiede zwischen uns Menschen lebenswert, denn sonst wäre es schließlich langweilig.
Ich glaube daran, dass jeder Mensch im Leben eine Aufgabe hat. Auch ihr werdet eure Auf-gabe finden, wenn ihr an euch glaubt und auf euer Herz hört. Auch wenn es vielleicht schwierig erscheint.
Ich habe alle Menschen, die auf der Erde wandeln, gern. Wenn jeder so denken würde, könnten wir alle Alles erreichen. Also: Haut rein, zusammen können wir was bewegen!

Paloma Olszowka, Mettmann, September 2016


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