Supervision während des Berufspraktikums in der HEP

Erstmalige Supervision während des berufspraktischen Jahres in der HEP:
Sinnvolle Zeitverwendung oder Zeitverschwendung ?

Es ist wieder Donnerstag. Einmal im Monat fahre ich von der Arbeit in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung direkt zur Liebfrauenschule. Zum sechsten und letzten Mal treffe ich mich dort mit sechs anderen Berufspraktikant/innen zur dreistündigen Supervisionssitzung. Diesmal steht die Auswertungssitzung am Ende unseres einjährigen Supervisionsprozesses an. Während ich im Auto sitze, lasse ich die Treffen noch einmal Revue passieren. Wie bin ich überhaupt dazu gekommen, Teilnehmer einer Supervisionsgruppe zu werden?

Momentan befinde ich mich im berufspraktischen Jahr der Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Gegen Ende der Oberstufe wurde uns Studierenden zum ersten Mal überhaupt in der Fachschule für Heilerziehungspflege die Teilnahme am „Testlauf Supervision“ während des berufspraktischen Jahres angeboten. Möglich wurde dies durch die großzügige finanzielle Unterstützung von Seiten der Abteilung Schulpastoral in der Hauptabteilung für Schule und Erziehung unseres Schulträgers. Wie wir im Unterricht und dann auch in der Berufspraxis erfuhren, wird die Gruppensupervision als Methode eingesetzt, um Probleme und Erfahrungen des beruflichen Alltags gemeinsam mit anderen und unter Anleitung eines Supervisors zu beleuchten, um „besser“ handeln zu können. Zudem ist es wichtig, dass wir als Professionelle unser Handeln regelmäßig reflektieren. Das alles ermöglicht die Supervision.

Nach einem ersten Kennenlernen schlossen wir Teilnehmer/innen gemeinsam mit unserem Supervisor Herrn Heuck einen Kontrakt, in dem sich jeder von uns zunächst seines persönlichen Ziels für die folgenden sechs Sitzungen bewusst werden sollte. Neben den individuellen Zielen verband uns das eine Ziel, die im Unterricht theoertisch besprochene Methode Supervision nun in der Praxis quasi am eigenen Leibe zu erfahren. Dabei waren meine Gefühle zweigeteilt: Einerseits freute ich mich auf den Austausch über die Arbeit, andererseits hatte ich auch meine Vorurteile. Wenn ich Elemente einer Supervision zum Beispiel in Spielfilmen sah, kam mir das immer eher so vor, als würde dort nur „rumgelabert“. Dadurch, dass die Supervision sich an einen 8-Stunden-Arbeitstag anschloss, war meine Befürchtung auch, dass ich keine „Energie“ dafür haben könnte.

Trotz meiner Bedenken war ich neugierig und kam nach dem Kontraktgespräch motiviert zur ersten Supervisionssitzung in die Schule. Die Struktur einer Einheit Supervision sah in unserer Gruppe folgendermaßen aus: Zunächst wurde eine Methode zum „Ankommen“ durchgeführt, zum Beispiel ein „Blitzlicht“. Dabei erläuterte jeder Teilnehmer, in welcher Stimmung er ist, wie die Arbeit im Moment läuft und mit welchem Ziel für den Tag er in die Einheit geht. Anschließend wurde eine Fallsupervision durchgeführt, bei der ein Teilnehmer ein Problem aus seiner beruflichen Praxis schilderte. Die anderen Teilnehmer hörten zu und kommentieren die Schilderung zunächst nicht, während unser Supervisor Fragen zum Fall stellte.

Danach stellten die weiteren Teilnehmer selbst Fragen zum Fall. Sobald keine Fragen mehr offen waren, konnten die Teilnehmer sich dazu äußern. Der Fallschilderer konnte sich dann aus den Vorschlägen aussuchen, was ihm bei seinem „Problem“ vermeintlich helfen kann und was wohl zu ihm passt. Herr Heuck nannte diese Methode den „Obstkorb“, an dem der Fallschilderer sich bedienen kann. Zum Ausklang konnte jeder noch einmal erläutern, wie er die Supervisionseinheit fand und was er gelernt hat.

Auf die genauen Inhalte kann ich hier nicht weiter eingehen, weil diese in der Gruppe besprochen wurden und auch in der Gruppe bleiben sollen. Beispielhaft seien hier einige allgemeine Fragen genannt, die eine Rolle spielten : „Wie kann ich meine Kritik in der Einrichtung richtig äußern?“, „Wie kann ich meinen Klienten gegenüber selbstbewusster auftreten?“ „Wie kann ich meine Wünsche und Bedürfnisse angemessen zum Ausdruck bringen?“ „Wie erkenne ich meine Grenzen und wie soll ich sie benennen?“ „Wie gelingt mir der Spagat zwischen Nähe und Distanz in der Arbeit und im Privatleben?“

Ich habe definitiv aus den sechs Sitzungen einiges lernen können. Wichtig war mir festzustellen, dass wir oft ähnliche Probleme hatten. Es war auch interessant, von den Herausforderungen zu hören, die die anderen Gruppenmitglieder bei der Arbeit beschäftigen und wie sie damit umgehen.

Als ich meinen „Fall“ vorstellte, empfand ich das als sehr aufregend. Nachdem ich sämtliche Fragen und mein Problem geschildert habe, war ich sehr erschöpft. Es ist anstrengend, seine Gefühle so offen einer Gruppe zu präsentieren. Ich habe mich aber danach sehr befreit gefühlt. Außerdem konnte die Gruppe mir gute Tipps geben.

Daher lautet mein Fazit am Ende des Supervisionsprozesses:

Wenn man sich so wie wir auf diese Methode einlässt und noch dazu einen so sympathischen Supervisor hat, wie es bei uns der Fall war, dann ist Supervision eine sehr sinnvolle Zeitverwendung und absolut keine Zeitverschwendung! Den zukünftigen Berufspraktikant/innen wünsche ich – und da spreche ich für unsere ganze Gruppe -, dass sie auch in den Genuss dieses Angebotes kommen. Wir bedanken uns herzlich für dieses zusätzliche Angebot auf dem Weg zur/m professionellen Heilerziehungspfleger/in.

Text: Timo Krasemann (HEP/B)
Foto: Andreas Mäteling


Hinterlasse einen Kommentar